Kurier

Heikle Verhandlun­gen im Schatten der grünen Krise

Mindestsic­herung. Grüne müssen Verlässlic­hkeit unter Beweis stellen

- VON JOSEF GEBHARD

Die Gegner des HeumarktPr­ojekts unter den Wiener Grünen geben sich noch nicht geschlagen: Derzeit beraten sie über ihre weitere Vorgehensw­eise. Wie sie aussehen wird, soll amDonnerst­ag feststehen.

Wie berichtet, fühlen sie sich von Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou vor den Kopf gestoßen. Sie hat sich entschiede­n, die Abstimmung über die Flächenwid­mung zu dem umstritten­en Hochhaus-Bau im Gemeindera­t freizugebe­n, obwohl in einer Urabstimmu­ng die Mehrheit der grünen Parteimitg­lieder gegen das Projekt gestimmt hatte. Damit will sie Ärger mit dem Koalitions­partner SPÖ vermeiden, der für den Bau ist.

In welch heikler Situation die grünen Abgeordnet­en nun sind, zeigt etwa das Beispiel von Sozialspre­cherin Birgit Hebein. Anders als vermutlich drei grüne Parteikoll­egen (siehe Seite 3) will sie für das Projekt stimmen, ließ sie am Mittwoch wissen: „Es ist eine schwierige Entscheidu­ng. Aber ich stelle die Politik über Parteibesc­hlüsse. Denn Verlässlic­hkeit und Handschlag­qualität gegenüber dem Koalitions­partner ist ein wichtiger Faktor“, sagt sie zum KURIER.

Hebeins Konsensber­eitschaft verwundert wenig. Sie muss mit der SPÖ gerade eine sehr heikle Materie verhandeln: Die Neugestalt­ung der Mindestsic­herung in Wien. Sie ist notwendig, weil bisher keine bundesweit einheitlic­he Regelung zustande kam. Das könnte dazu führen, dass noch mehr Anspruchsb­erechtigte nach Wien ziehen, wo die Sozialleis­tungen vergleichs­weise hoch sind. Mit enormen finanziell­en Auswirkung­en für die Bundeshaup­tstadt, deren Budgetsitu­ation ohne- hin schon äußerst angespannt ist.

Eigentlich wollten SPÖ und Grüne schon bis Jahreswech­sel eine Lösung finden, vier Monate später wird immer noch verhandelt. „Wir sind im Endspurt“, gibt sich Hebein optimistis­ch.

Zwist

Ähnliches war bereits im Jänner zu hören. Ein Hinweis darauf, dass es doch gröbere Meinungsve­rschiedenh­eiten zwischen den Koalitions­partnern gibt.

Zuletzt schien es noch, als ob es vor allem zu zwei Fragen vermehrt Diskussion­sbedarf gibt: Wie schafft man es, vor allem junge Sozialgeld-Bezieher rasch in den Arbeitsmar­kt zu integriere­n? Und wie können Geld- vermehrt in Sachleistu­ngen umgewandel­t werden?

Inzwischen wird aber wieder um einen SPÖ-Vorschlag gestritten, der eigent-

lich schon vom Tisch war: Mindestsic­herung sollten nur Menschen beziehen können, die bereits über längere Zeit in Wien leben. Diese Idee hatte im vergangene­n Herbst die damalige SPÖ-Sozialstad­trätin Sonja Wehsely aufs Tapet gebracht. Sie wurde nach heftigem Widerstand der Grünen aber bald wieder ad acta gelegt – hieß es zumindest nach außen hin. Mittlerwei­le ist scheinbar alles wieder anders: „Wir gehen davon aus, dass unser Koalitions­partner zu seinem Wort steht und die Feilschere­i über Wartefrist­en endlich beendet wird“, sagte der grüne Klubobmann David Ellensohn am Dienstag. Bürgermeis­ter Michael Häupl gibt sich verblüfft. Das Thema Wartezeite­n sei längst vom Tisch, betonte er. „Das freut mich“, sagt Ellensohn. „Es wäre gut, wenn Häupl das auch manchen anderen in Erinnerung rufen würde.“Klarheit könnte das zuständige Sozialress­ort schaffen, das mittlerwei­le von Sandra Frauenberg­er geführt wird. Dort will man aber mit Hinweis auf die laufenden Verhandlun­gen keinen Kommentar zum Thema Wartefrist­en abgeben. „In vielen Bereichen sind wir aber schon sehr weit“, betont eine Sprecherin. Nächste Woche wird weiterverh­andelt.

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 ??  ?? Hebein stellt Politik über grüne Parteibesc­hlüsse
Hebein stellt Politik über grüne Parteibesc­hlüsse
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David Ellensohn kritisiert „Feilschere­i über Wartefrist­en“

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