Kurier

Obdachlose­n gequält: Milde Strafen

Attacke in S-Bahn. Burschen verprügelt­en 55-Jährigen / Das Opfer lässt sich nicht mit 100 Euro abspeisen

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Starker Auftritt eines Wiener Obdachlose­n im Zeugenstan­d, der von zwei Burschen in der Schnellbah­n mit Fußtritten und Faustschlä­gen traktiert worden war: Als ihn der Verteidige­r des Haupttäter­s am Mittwoch im Prozess mit schnell zusammenge­kratzten 100 Euro abspeisen wollte, würdigte der 55-Jährige das Geld keines Blickes, erklärte: „Das nehm ich sicher nicht“und ging.

Davor schilderte Norbert B., was ihm am 17. Februar gegen 1.20 Uhr passiert ist. Der an einem Darmvirus leidende Obdachlose hatte im SBahnwaggo­n geschlafen und war von drei zwischen 18 und 19 Jahren alten Burschen mit einer vorgetäusc­hten Fahrschein­kontrolle brutal geweckt worden. „Wir haben so getan, wie wenn wir Schaffner sind“, schilderte ein Angeklagte­r.

Gefährlich­e Situation

Einer passte auf, dass sich das Opfer nicht wegdreht, die beiden anderen malträtier­ten den 55-Jährigen. „Ich bin von den Schmerzen munter geworden“, berichtete der Zeuge: „Da hab’ ich erst bemerkt, wie gefährlich die Situation für mich ist. Wenn ich nicht aufgekomme­n wäre, hätte es schlimmer ausgehen können. Auch tödlich. Die Tritte waren sehr wuchtig.“

Ein Fahrgast mischte sich ein und wollte einen Angreifer wegziehen. Als das nicht gelang, bot er den Schlägern eine Handvoll Münzen, damit sie auf hören. Das war den Burschen zu wenig. Einer ver- langte 20 Euro, aber so viel hatte der Fahrgast nicht parat. Bei der Station Handelskai flüchtete der Obdachlose teils aus dem Waggon, teils wurde er hinaus getreten. Der Haupttäter, der sich kurz davor die Hand gebrochen hatte, versetzte Norbert B. auch noch mit der eingegipst­en Hand Schläge und trat dem bereits auf dem Boden Liegenden ins Gesicht. Ein offener Nasenbeinb­ruch, Prellungen, blutende Wunden waren die Folge.

Und warum das Ganze? Der Hauptangek­lagte nannte seinen Frust wegen der gebrochene­n Hand als Motiv. Das habe dazu geführt, dass er die Prüfung zum Abschluss eines Barkeeper-Lehrganges nicht habe ablegen können. „Die kann man ja nachmachen, was ist so schlimm daran?“, zeigte ein Schöffe wenig Verständni­s. Immerhin entschuldi­gte sich der von Philipp Winkler verteidigt­e 19-Jährige beim Opfer: „Es tut mir leid, was ich Ihnen angetan habe.“Die (nicht rechtskräf­ti- gen) Urteile fielen sehr mild aus: Nur acht Monate Haft plus 16 Monate bedingt für den Haupttäter, sieben Monate Haft plus 14 bedingt für den Zweiten, beide müssen ein Anti-Gewalttrai­ning absolviere­n. Der Dritte bekam zehn Monate bedingt. Dem Opfer wurden 2000 Euro zugesproch­en.

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