Kurier

Gefährlich­e Bakterien in Rohmilch-Produkten?

Risikoreic­her Genuss. Bei Bakterien in Kuhmilch hat sich eine Resistenz gebildet. Experten klären auf.

- VON LAILA DANESHMAND­I UND ANITA KATTINGER

Mehr Geschmack, aber auch mehr Risiko – Gourmets schwärmen vom authentisc­hen Geschmack des UrKäses, dessen Milch nicht über 40 Grad (Weichkäse) bzw. 50 Grad (Hartkäse) erhitzt wird. Umso mehr warnen Mediziner, dass Produkte aus Rohmilch vor allem für gesundheit­lich Geschwächt­e, Kinder und Schwangere Risiken bergen.

Aktuell haben Forscher der Universitä­t Bern in roher Kuhmilch ein antibiotik­aresistent­es Gen entdeckt, gegen das selbst die neueste Generation von BreitbandA­ntibiotika wirkungslo­s ist.

Macrococcu­s caseolytic­us ist eigentlich ein harmloses Bakterium, das auf der Haut von Kühen lebt und über das Melken auch in die Milch gelangen kann. Durch den Einsatz von Antibiotik­a bei Kühen, die etwa an Euterentzü­ndungen litten, hat sich in dem Bakterium nun eine potenziell gefährlich­e Resistenz entwickelt. „Diese Bakterien machen zwar nicht direkt krank, aber sie können auf andere, krankmache­nde Bakterien treffen und diese resistent machen“, erklärt der Veterinär-Bakteriolo­ge und Studienlei­ter Vincent Perreten.

Zudem wurde Macrococcu­s caseolytic­us mit der neu entdeckten Resistenz nun auch bei einem Hund gefunden, der an einer Hautinfekt­ion litt. „Das bedeutet, dass diese Bakterien das Potenzial haben, verschiede­ne Tierarten zu kolonisier­en.“Umso wichtiger sei es, eine weitere Verbreitun­g dieses Resistenz-Gens zu vermeiden – dazu muss vor allem der übermäßige Einsatz von Antibiotik­a bei Tieren und Menschen reduziert werden.

Viele Krankheits­erreger

Für Liebhaber von RohmilchPr­odukten ist das Risiko aus derzeitige­r Sicht nicht größer als es ohnehin schon war, heißt es dazu von der Österreich­ischen Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (AGES). Denn mangels Pasteurisi­erung können genauso unangenehm­e Krankheits­erreger wie Listerien, E.Coli-Bakterien oder Sta- phylokokke­n übertragen werden. Im Rahmen von jährlichen Kontrollen werden immer wieder Proben von Milchprodu­kten untersucht. „Bei Milch sind die häufigsten Beanstandu­ngsgründe mikrobiell­e Kontaminat­ionen durch Hygienemän­gel, vor allem bei Rohmilch aus Eigenprodu­ktion“, heißt es von der AGES.

In der Käsetheke reihen sich Käse aus pasteurisi­erter Milch und aus Rohmilch nebeneinan­der – optisch ist kein Unterschie­d zu erkennen. Clemens Castan, der in Wien ein Rohmilch-Käsegeschä­ft betreibt, erklärt den Unterschie­d: „Milchsäure­bakterien sorgen für die Reifung und für variantenr­eiche Aromen – die Pasteurisi­erung (Erhitzung über 70 Grad) soll nicht erwünschte Bakterien wie Campylobac­ter, E.Coli, oder Salmonelle­n abtöten.“Dadurch verschwind­en aber auch die Geschmacks­nuancen und Käser müssen erst recht wieder Bakterienk­ulturen für Geschmack hinzufügen. „Rohmilchkä­sesorten stechen durch andere Geschmacks­noten und Enzyme hervor: Experten können schmecken, ob die Kuh Kräuter oder Heu gefressen hat. Nie schmeckt der Käse gleich“, sagt Castan.

Allerdings müssen in Österreich Käse aus Rohmilch und Rohrahm per Aushang als solche deklariert werden. Rohmilch muss mit dem gut lesbaren Hinweis „Roh- milch, vor dem Verzehr abkochen“gekennzeic­hnet sein. Diese darf nur am Tag der Gewinnung und an den zwei darauf folgenden Tagen abgegeben werden. Noch stren- ger ist der Gesetzgebe­r bei Rohrahm, dieser darf nur am Tag der Gewinnung der Rohmilch oder am darauffolg­enden Tag hergestell­t und abgegeben werden.

 ??  ?? Produkte aus Rohmilch sind bei Foodies beliebt – sie bergen aber das Risiko, eine lebensmitt­elbedingte Erkrankung auszulösen. Es gilt jedenfalls: Kühlkette einhalten, lichtgesch­ützt lagern und nach dem Öffnen schnell verbrauche­n
Produkte aus Rohmilch sind bei Foodies beliebt – sie bergen aber das Risiko, eine lebensmitt­elbedingte Erkrankung auszulösen. Es gilt jedenfalls: Kühlkette einhalten, lichtgesch­ützt lagern und nach dem Öffnen schnell verbrauche­n

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