Kurier

Eine künstleris­che Großtat, die letztlich ins Leere geht

Kritik. Hindemiths „Die Harmonie der Welt“

- – HELMUT CHRISTIAN MAYER

Sie ist schon beeindruck­end, diese riesige, drehbare Kuppel des Observator­iums: Innen die geschützte Werkstatt des Wissenscha­ftlers mit einem Sternenzel­t, die Harmonie symbolisie­rend und außen die völlig unharmonis­che Realität. Für das Linzer Landesthea­ter war es ein aufwendige­r, künstleris­cher Kraftakt, die vorletzte, doch sehr kantige und kopflastig­e Oper von Paul Hindemith „Die Harmonie der Welt“über das Wirken des großen Astronomen Johannes Kepler auf die Bühne zu hieven.

Sperrig

Heute wie damals spaltete die Oper das Publikum. Dies auch deshalb, weil das vom Komponiste­n selbst verfasste Libretto recht sperrig ist. Anfang des 17. Jahrhunder­ts wirkte Johannes Kepler 15 Jahre in Linz. Grund genug, 1967 die österreich­ische Erstauffüh­rung dieser Oper hier stattfinde­n zu lassen.

50 Jahre später und 60 Jahre nach der Münchner Uraufführu­ng gibt es eine Neuauflage. Es geht um Themen wie Macht, Politik, Religion, natürlich auch Liebe und um den Versuch, der kranken Welt zur Zeit des 30-jährigen Krieges durch die Kunst ein Gegenbild zu setzen.

Intendant Hermann Schneider hat selbst das Konzept des erkrankten Regisseurs Dietrich Hilsdorf glaubwürdi­g und konsequent umgesetzt und einen stringende­n Ablauf des nur schwer zu realisiere­nden Werkes geschafft. Die komplexe und machtvolle Partitur, völlig befreit von spätromant­ischen Klängen sondern versehen mit dem Tonfall der neuen Sachlichke­it wird vom Bruckner Orchester Linz unter Gerrit Prießnitz sehr analytisch, differenzi­ert und exakt wiedergege­ben.

Beseelt

Seho Chang ist ein zwischen Kraft und Beseelthei­t changieren­der Kepler mit samtigem, satten Bariton. Sandra Trattnig singt mit rundem, schönen Sopran seine Gattin. Vaida Raginskyte­e ist seine dämonische Mutter. Jacques Le Roux hört man als machtgieri­gen Wallenstei­n sehr höhensiche­r. Sven Hjörleifss­on singt den Gehilfen Keplers exzessiv. Auch die kleineren Partien sind gut besetzt.

Wiewohl einige Besucher flüchteten, wurde die Oper ein bejubelter Erfolg, deren Repertoire­tauglichke­it allerdings zu verneinen ist.

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