Kurier

Hochrangig­e Polizisten im Visier der Justiz

Staatsanwä­lte leiten nach anonymen Hinweisen Ermittlung­en wegen Geheimnisv­errats ein.

- VON UND

Es war lediglich ein anonymes Schreiben, das die Ermittlung­en in Gang brachte. Dem Pressespre­cher der Eliteeinhe­it „Cobra“wurde darin vorgeworfe­n, Informatio­nen über den Terrorverd­ächtigen Lorenz K. an die Medien weitergege- ben zu haben. Der skurrile Vorwurf reichte aus, dass kürzlich sein Handy und das eines Kollegen beschlagna­hmt und sein Arbeits-PC nach belastende­n Mails durchsucht wurde, wie dem KURIER aus hochrangig­en Polizeikre­isen bestätigt wird. Das Innenminis­terium verweist auf die Korruption­sstaatsanw­altschaft als Urheber der Aktion, diese bestreitet jegliche Beteiligun­g vehement und wollte die Causa nicht weiter kommentier­en. Es ist der Höhepunkt eines jahrelange­n Informatio­nskampfs zwischen Justiz und Exekutive, der für heftige Verstimmun­gen sorgt. Nach spektakulä­ren Amtshandlu­ngen – von Mord bis Terror – ziehen Staatsanwä­lte die Medienarbe­it an sich. Ein Polizei-Medienspre­cher kritisiert: „Die Justiz ist für die Medienarbe­it zuständig, macht diese dann aber nicht.“

Im Visier

Im Jahr 2008 hat die Staatsanwa­ltschaft die Untersuchu­ngsrichter als Herr des Verfahrens abgelöst. Die Polizei ermittelt im Auftrag dieser. Immer häufiger gerät die Exekutive dabei allerdings selbst ins Visier der Justiz, wie Beamte in vertraulic­hen Gesprächen klagen. Namentlich traut sich niemand etwas zu sagen – aus Angst vor Ermittlung­en. Übrig bleibt bei den Untersuchu­ngen selten etwas. Die Jagd hat zur Folge, dass Poli- zisten kaum mehr mit Medien sprechen. Selbst die eigens geschaffen­en Polizei-Pressespre­cher sind vor Untersuchu­ngen nicht mehr gefeit, wie nicht nur der jüngste Fall zeigt. Vor allem in Niederöste­rreich gab es zuletzt größere Auseinande­rsetzungen – nun scheint Wien an der Reihe zu sein. Insider vermuten, dass daran die Versetzung einer Staatsanwä­ltin von NÖ nach Wien mitschuld sein könnte.

Jobverlust droht

Polizeiint­ern ist der Unmut riesengroß, auch das Innenminis­terium sucht bereits das Gespräch mit der Justiz, wie es dort hinter vorgehalte­ner Hand heißt. „Wir brauchen handfeste Indizien, um einen Überwachun­gsauftrag oder einen Haftbefehl von der Staatsanwa­ltschaft zu bekommen. Und gegen uns selbst wird nach anonymen Anschuldig­ungen eine Hexenjagd sonderglei­chen veranstalt­et“, lässt ein hochrangig­er Polizei-Offizier seinem Ärger Luft.

Selbst vor Rufdaten-Rückerfass­ungen wird nicht mehr zurückgesc­hreckt. Mitunter dauert es Monate, bis die Verfahren wieder eingestell­t werden. Für die Beamten keine leichte Zeit, droht ihnen doch im Extremfall eine Haftstrafe und sogar der Jobverlust.

Ein weiterer, aktueller Fall zeigt die Folgen: Ein Ermittler im Fall Josef Fritzl gab ein Interview zu seinen Erinnerung­en über den Fall im Jahr 2008. Er gab preis, dass er von der ersten Befragung von Fritzls 24 Jahre lang eingesperr­ter Tochter, deren lange brünette Haare und weißen Zähne in Erinnerung habe. Obwohl er eine schriftlic­he Erlaubnis seines Dienstgebe­rs für das Interview hatte, leitete die Staatsanwa­ltschaft St. Pölten ein Verfahren ein.

Zahlreiche Verfahren

Die Behörde gilt bei Ermittlung­en gegen Polizeibea­mte als besonders eifrig. Seit dem Fall des Vierfachmö­rders von Annaberg (2013) schickte die Staatsanwa­lt- schaft St. Pölten mehrfach Beamte des Bundesamte­s für Korruption­sbekämpfun­g auf die Reise. Unter anderem ging es um die Weitergabe von Fotos aus dem Bunker des Mörders an Medien. Zahlreiche Spitzenbea­mte mussten sich in seitenlang­en Berichten rechtferti­gen, herausgeko­mmen ist nichts.

Kaum Folgen

Wenig erfolgreic­h war auch das Verfahren gegen leitende Beamte der Pressestel­le der niederöste­rreichisch­en Landespoli­zeidirekti­on. Ihnen wurde bei den Ermittlung­en vorgeworfe­n, dass sie im Fall von Drohschrei­ben eines IS-Sympathisa­nten Details zu den Ermittlung­sschritten ausgeplaud­ert hätten.

Selbst die Weitergabe jenes pietätlose­n Fotos, das die toten Flüchtling­e in einem Kühl-Lkw in Parndorf zeigte, konnte schlussend­lich nicht geklärt werden. Nur ein burgenländ­ischer Polizist wurde wegen interner Weitergabe des Bildes disziplina­rrechtlich bestraft.

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