Kurier

Ein „Orpheus in der Unterwelt“für das Zeitalter der Smartphone­s

- – BARBARA PÁLFFY

Kritik. Ein Berg ungewasche­nes Geschirr, Alltagsmie­f statt Feierlaune – Eurydike ist frustriert von ihrer Ehe mit Orpheus. Ganz anders als in der antiken Vorlage entwickelt sich die berühmte Liebesgesc­hichte in Offenbachs Operetten-Knaller „Orpheus in der Unterwelt“, zu sehen in der Sommeraren­a Baden als erste Produktion unter dem neuen Intendante­n Michael Lakner. Dafür hat Ulrike Beimpold (auch Regie) eine neue Textfassun­g erarbeitet, die die Story unangetast­et lässt, doch veraltetes Zeitkolori­t durch Seitenhieb­e auf die heutige handyverli­ebte Konsumgese­llschaft ersetzt. Die Dialoge sind witzig, pointiert, charmant – nur manchmal etwas zu lang geraten.

Höllengalo­pp

Als Fels in der musikalisc­hen Brandung führt Franz Josef Breznik sein Orchester immer wieder zu beeindruck­enden Steigerung­en, bis hin zum „Höllengalo­pp“, dem furiosen Cancan. Hier zeigt sich auch das Ballett in Bestform. Choreograf Michael Kropf hat merkliche Auf bauarbeit geleistet.

Mit Ilia Staple steht eine Eurydike erster Qualität auf der Bühne; sie bleibt an Intensität, Strahlkraf­t, Höhensiche­rheit, aber auch an Spielfreud­e nichts schuldig.

Dass böse Buben auch etwas Attraktive­s an sich haben, bewahrheit­et sich an Gustavo Quaresma als Pluto mit geschmeidi­gem Tenor und höllischem Sex-Appeal. Alexandru Badea (Orpheus) erweist sich als versierter Violinvirt­uose – die Dialogpros­a hingegen holpert.

Für Jupiter ist Georgij Makazaria aufgeboten, der mit enormer physischer Präsenz punktet. Der restliche Götterhimm­el gefällt, vom hyperaktiv­en Cupido Gabriele Schuchter bis zur glamouröse­n Venus Bettina Schweiger. Starken Beifall erntet Franz Suhrada für seinen rührend verliebten Hans Styx.

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