Frühstück bei Til
Deutschland. Im neuen Barefoot Hotel in Timmendorfer Strand hat sich Til Schweiger ausgetobt. Das Ergebnis ist nur ein weiterer Grund, an die Ostsee zu reisen, denn die hatte auch davor schon genug Charme.
Geschickt ist der Mann. Feierte Til Schweiger (53) Anfang der 1990er Jahre noch seinen Durchbruch als Schauspieler war er nicht einmal zehn Jahre später schon als Regisseur
Produzent und Drehbuchautor
erfolgreich. Mittlerweile hat Schweiger mit der Marke „Barefoot“ein ganzes Imperium um sich und seine Kinder herum aufgebaut, das weit über das Filmbusiness hinaus geht. Der neueste Streich: Das Barefoot Hotel an der Lübecker Bucht.
Dass der Schauspieler zuvor noch nie in Timmendorfer Strand war, eine Küsten-Gemeinde in Schleswig-Holstein, hinderte ihn nicht daran, das Projekt umzusetzen. Einem der ältesten Häuser des Ortes, 200 Meter vom Strand entfernt, wurde eine Rückführung, etwa 100 Jahre in die Vergangenheit, verpasst und erinnert an eine Villa in den Hamptons. Innen setzte Schweiger auf Skandinavien: hyggelig, viel Holz und erdige, warme Farbtöne. In einem Interview scherzte er: „Wo Til drauf steht, ist auch Til drin. Auch wer es immer noch nicht glaubt: Ich suche sogar die Schrauben aus“.
Übrigens: Finanziert hat Schweiger das 57-Zimmer Hotel nicht. Geldgeber ist Mirko Stemmler, Geschäftsführer der Jasika Hotelgesellschaft. Der Schauspieler hat „nur“seinen Namen dafür hergeben und das Design-Konzept gemacht. No Risk, lots of fun. Ja wirklich, sehr geschickt, Herr Schweiger.
Besonders schlau: Schweiger setzt nicht nur auf Design, seinen Lifestyle gibt’s auch für zu Hause zum Einpacken. Und: Es nicht nur alles gekauft werden, die Möbel sind auch so schön, die Zirbenseife duftet so herrlich, Essen und Wein schmecken so gut, dass man sie auch kaufen Das geht vor Ort im Shop, oder online bei Barefoot Living.
Apropos Essen: Für Gäste gibt’s ein reichliches Frühstücksbuffet und Kaffee, der über deutsches Abwaschwasser hinausgeht und dann wird erst wieder am Abend gekocht. Nur wenige Gerichte, oft mit kleinen Geschichten, stehen auf der Karte. Wie die Bolognese, die Til Schweigers Kinder lieben oder Fior di Latte nach dem Rezept von Tils langjähriger Köchin aus Mallorca. Und natürlich frischer Fisch vom nächsten Hafen.
Ostsee-Original
Mindestens genau so bekannt wie Til Schweiger in Timmendorfer Strand ist Monika Carlsdotter. Mit ihr geht es auf den EBikes die Küste entlang, die gebürtige Lübeckerin lebt seit 40 Jahren hier. Alle paar Meter hebt sie die Hand zum Gruß. Herzlich und mit einer Begeisterung zeigt sie nicht nur die schönsten Flecken von Scharbeutz bis Travemünde, sondern verrät auch Ge- heimtipps zum Essen. „Halt!“, ruft Moni, „Magst du Fisch? Hier gibt’s die besten Fischbrötchen weit und breit! “Und schon stehen wir in der langen Schlange am „Hafeneck“, einem Standl am Hafen in Niendorf. Die Schlange ist nicht unbegründet, die Brötchen sind wirklich köstlich. Ein Trost, da wir zuvor an der „Bude 8“unverrichteter Dinge weiterradeln mussten, die Imbissbude auf Sterneniveau hatte Ruhetag.
Strandkörbe und FKK
Wir fahren weiter, vorbei an den malerischen Strandkörben, die sich hinter Dünen voller Strandhafer verbergen. Etwa zehn Euro zahlt man für einen Korb pro Tag, für drei Euro kann man sich eine Stunde wind- und sonnengeschützt ans Meer legen. Wer sich das nicht leisten will, kann eine eigene Strandmuschel mitnehmen und darf sie aus ästethischen Gründen nur im dafür vorgesehenen Abschnitt aufstellen. Die Kurtaxe ist trotzdem fällig.
Freikörperkultur wird an der Ostsee groß geschrieben, jeder Ortsteil hat einen eigenen FKKBereich, erklärt Moni.
Endstation unserer Tour ist das Brodtener Steilufer, ein Überbleibsel der letzten Eiszeit. Das Naturparadies ist idyllisch aber gefährdet: Durch Wind und Gezeiten ist die Landschaft in ständiger Bewegung, das aktive Kliff weicht pro Jahr 50 bis 100 cm zurück und droht zu verschwinden.
„Ohne das Meer könnte ich es nicht ertragen“philosophiert das Ostsee-Original, bei einem Kaffee auf der Hermannshöhe, „Jeden Morgen, bei jedem Wind und Wetter gehe ich ins Wasser, mittlerweile sogar im Winter. Es ist wie eine Sucht“. Dabei geht sie nur kurz ins Meer, schwimmt eine Runde und fährt wieder. Einen eigenen Strandkorb hat sie im Garten.
Design vor Funktionalität
„Und, wie ist es?“, Moni meint das Hotel. Stimmig. Es ist fast kitschig, wenn man sich am Abend mit einem Glas Rotwein, das nach Schweigers Tochter benannt ist, in einem Schaukelstuhl auf den Balkon setzt und in eine Kuscheldecke einwickelt, die aus einem der Barefoot-Filme stammen könnte. Ein gemütliches und schönes Refugium, aber manchmal hat man das Gefühl, Design steht über Funktionalität. In der Dusche gibt’s zum Beispiel keine Ablage. „Typisch“, johlt Moni, „hat ja auch ein Mann gemacht“.