UNHCR will Platz für 380.000 Flüchtlinge pro Jahr in Europa
Legale Einreise. Die Pläne der EU, Migranten bereits in Afrika überprüfen zu lassen, lösen kontroverse Reaktionen aus
„Wir haben eine humanitäre Verantwortung, diese illegalen Wege zu ordnen“, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Montag bei einem EU-Afrika-Gipfel. Gemeint waren die Flüchtlingsströme über die Mittelmeerroute – die zur Zeit äußerst ruhig zu sein scheint. Seit knapp drei Wochen gibt es dort laut der Organisation für Migration (IOM) keine Todesopfer mehr, seit Juli geht die Zahl der in Italien ankommenden Migranten deutlich zurück.
Am Gipfel beschlossen die Vertreter aus Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland, Migranten künftig in Afrika überprüfen zu lassen. „Die Prüfung wird auf Grundlage der UNHCRStandards (UN-Flüchtlingshilfswerk) vorgenommen“, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
Beim UNHCR ist man guter Dinge: „Wir begrüßen diese neuen Gedanken, da wir davon ausgehen, dass sich die Zahl der Resettlements erhöht“, sagt Ruth Schöffl vom UNHCR gegenüber dem KURIER. Mit Resettlements ist die Aufnahme von Flücht- lingen in EU-Staaten gemeint, deren Asylantrag in Afrika und positiv beschieden wurde.
Dieser Art der Migration scheint Merkel unter einer Bedingung aufgeschlossen zu sein: „Die Möglichkeit von Resettlements ist natürlich daran gekoppelt, dass die illegale Migration gestoppt wird“, sagte sie.
„Europa wenig belastet“
Momentan nimmt die EU bis zu 20.000 Menschen jährlich auf, das UNHCR fordert kurzfristig das Doppelte, möchte die Zahl jedoch rasch erhöht wissen: „Nach unseren Schätzungen benötigen 380.000 Menschen jährlich den Schutz der Europäischen Union – das geht von Kindern bis zu alten Menschen, die keine Perspektive haben oder an schweren Krankheiten leiden“, sagt Schöffl.
Die Kapazitäten in Europa sieht sie noch lange nicht ausgelastet: „Europa ist im Vergleich zu anderen Kontinenten sehr wenig belastet. In Uganda alleine halten sich beispielsweise über eine Million Flüchtlinge auf.“
Die neue Richtung der EU-Spitzen stößt bei manchen NGOs auf Kritik. Günter Burkhardt vom Verein „Pro Asyl“wirft Merkel etwa den Verrat europäischer Werte vor: „Es sind untragbare Zustände. Das gilt auch für jene Lager, die in dem Gebiet sind, das der sogenannten libyschen Einheitsregierung untersteht“, sagte Burkhardt. „Es ist unfassbar, dass die deutsche Bundeskanzlerin europäische Werte so verrät und alles schön redet und so tut, als gebe es das alles nicht.“