„Übersterblichkeit ist Warnsignal“
Nachgefragt. Patientenanwältin Sigrid Pilz über Vertrauen und Kontrolle
KURIER: Wie ist es um die Patientensicherheit in Wiens Spitälern bestellt? Sigrid Pilz: Patientensicherheit ist ein Thema, das sehr hoch gehängt wird. Ich habe nicht das Gefühl, dass die Spitäler Fehler unter den Tisch kehren wollen. Aber was es jedenfalls braucht, ist Transparenz. Inwiefern?
Die Übersicht über den Medikamentenstock ist eine indiskutable Aufgabe des Managements. Wenn in einer Abteilung oder bei einer Pflegekraft Übersterblichkeit auftritt, dann ist das ein absolutes Warnsignal. Genauso, wenn übermäßig viele Komplikationen nach Operationen auftreten. Oder wenn plötzlich viele alte Menschen an einem Herzversagen sterben, wie das auch in Deutschland der Fall war. Was können Pfleger oder Krankenschwestern tun, wenn ihnen das Verhalten von Kollegen verdächtig erscheint?
Es muss eine Teamstruktur geben, in der die Leute keine Angst haben. Man muss so viel Vertrauen zum Vorgesetzten haben, dass man Dinge ansprechen kann, auch wenn sie sich später nicht als wahr herausstellen. Grundsätzlich vertrauen Patienten wohl dem Personal im Spital. Was können sie tun, wenn sie sich unbehaglich fühlen? Mitdenken der Patienten macht Sinn. Wenn sie bemerken, dass womöglich ein Fehler passiert, sollen sie das melden. Etwa wenn tagelang dasselbe Flascherl Infusion angehängt wird, und plötzlich ist es ein anderes. Oder wenn man täglich eine Tablette zur Einnahme bekommt, und auf einmal sind es drei und es gab keine Aufklärung darüber, dass die Dosis erhöht wurde.