Strenge Rechnung, gute Freunde
Vorsorge. Je früher Ehe- und Partnerschaftsverträge geschlossen werden, desto besser.
Geld ist zwar in vielen Beziehungen Streitthema, aber offen darüber gesprochen wird selten. „Würde man die Finanzen von Anfang an klar regeln, könnte man viel Streit vermeiden“, ist die erste Grazer Notarin Ursula Thier überzeugt. Und das ganz besonders für den Fall einer Scheidung der Ehe. Grundsätzlich herrscht in Österreich Gütertrennung: Vermögenswerte, die ein Partner in die Ehe (dasselbe gilt für eingetragene Partnerschaften gleichgeschlechtlicher Personen) eingebracht oder während der Ehe alleine erworben hat, bleiben während der Ehe auch dessen Alleineigentum. Ebenso seine Verbindlichkeiten. Im Falle der Scheidung unterliegen jedoch prinzipiell das gesamte eheliche Gebrauchsvermögen und alle ehelichen Ersparnisse, also jene Vermögenswerte, die während der Ehe angeschafft wurden, der Aufteilung – im Zweifel im Verhältnis Fünfzig zu Fünfzig. Davon gibt es jedoch einige Ausnahmen. Etwa jenes Vermögen, das einer der Ehepartner geschenkt oder geerbt hat. „Auch Unternehmen, Unternehmensanteile sowie dem Betrieb gewidmete Vermögenswerte sind ausgenommen“, erklärt Thier. Was allerdings konkret darunter zu verstehen ist, darüber lässt sich treff lich streiten. Heikel wird es auch, wenn nicht klar zu eruieren ist, ob gewisse Vermögenswerte wie etwa Aktien, Unternehmensbeteiligungen oder Fahrzeuge bloße Wertanlage oder doch betriebsnotwendig sind.
Um Streit zu vermeiden, rät Thier, rechtzeitig einen Ehe- oder Partnerschaftsvertrag abzuschließen. „Darin kann man enorm viel regeln und das maßgeschneidert“, weiß die Notarin. So wird zwischen Ehegatten oder gleichgeschlechtlichen Partnern verbindlich festgelegt, welche Vermögensbestandteile zum Unternehmen gehören und welche eheliches, und damit der Aufteilung unterliegendes Vermö- gen sind. „Man kann auch regeln, was im Scheidungsfall mit etwaigen Investitionen des Partners geschehen soll“, sagt Thier. Genau vordefinierte Auszahlungsansprüche oder Vermögensübertragungen zum Ausgleich von Ansprüchen können in diesen Verträgen, die der Form eines Notariatsaktes bedürfen, ebenfalls vereinbart werden. „Ohne rechtzeitig errichtete vertragliche Regelung kann eine Scheidung und die damit möglicherweise verbundenen Streitigkeiten und Zahlungsverpf lichtungen so manches Unternehmen sehr schnell in finanzielle Turbulenzen führen“, weiß Thier.
Je früher daher Eheoder Partnerverträge abgeschlossen werden, desto besser. „Der beste Zeitpunkt ist bereits vor der Hochzeit, aber es ist nie zu spät dafür“, rät die Notarin. Sie weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die Vereinbarungen regelmäßig auf ihre Aktualität hin überprüft und bei Änderungen adaptiert werden soll- ten. Etwa, wenn das Unternehmen erweitert wird oder es zu Unternehmensbeteiligungen kommt. Spätestens anlässlich der Regelung der Unternehmensnachfolge beziehungsweise der Übertragung des Unternehmens an Nachkommen ist übrigens auch auf künftige Pf lichtteilsansprüche des Ehepartners zu achten. Dass einer der beiden Partner beim Abschluss des Vertrages übervorteilt werden könne, ist laut Thier nicht zu erwarten: „Wir Notare sind als unparteiische Vertragserrichter gesetzlich dazu verpf lichtet, beide Parteien neutral zu beraten und vor Übereilung zu schützen.“
Steigendes Interesse
Trotz aller Vorteile sind Eheund Partnerverträge noch ein Minderheitsprogramm. „Bereits im Jahr 2010 wur- den durch eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen verbindliche Trennungsvereinbarungen möglich gemacht, aber leider gibt es bei vielen Paaren noch immer eine psychologische Hemmschwelle, ihre finanziellen Belange mittels Vertrag zu regeln“, meint Notarin Thier. Das könnte sich ändern, registriert sie in letzter Zeit doch ein zunehmendes Interesse an diesem Thema. Gerade Unternehmer sollten sich rechtzeitig über die Regelungsmöglichkeiten informieren, sich der latenten finanziellen Probleme für ihr Unternehmen bewusst werden und für den – wenn auch unerwünschten - Fall einer Trennung vertraglich Vorsorge treffen. Denn Vorbeugen ist immer noch besser als Streiten.