Kurier

Grenzkontr­olle auch 2018: EU signalisie­rt Zustimmung

Verlangeru­ng. Wien und Berlin durften Linie in Brussel durchbring­en

- MARGARETHA KOPEINIG UND EVELYN PETERNEL, BERLIN

In Brüssel rauchen die Köpfe der Chef-Juristen. Wie können die Kontrollen an den Binnengren­zen aufrecht bleiben, so wie es Österreich verlangt? Das ist die Frage, mit der sich Experten der EUKommissi­on und des Rates derzeit herumschla­gen.

Im ORF- Sommergesp­räch Montagaben­d hat ÖVP-Spitzenkan­didat und Außenminis­ter Sebastian Kurz gesagt, dass es weiterhin Grenzkontr­ollen brauche, solange „die Flüchtling­sströme in Bewegung“seien. „Ein Europa ohne Grenzen ist nur mit funktionie­renden Außengrenz­en möglich.“

Wegen des massiven Andranges von Migranten im Herbst 2015 und den Monaten danach haben Österreich und weitere Länder des Schengenra­umes (Deutschlan­d, Frankreich, Dänemark, Schweden, Norwegen) Grenzkontr­ollen zugesicher­t bekommen. Am 11. November läuft für Österreich und Deutschlan­d die Genehmigun­g für die Grenzkontr­ollen aus, die zwei Jahre galt. Nach dem Schengen-Kodex ist keine weitere Verlängeru­ng mehr möglich. „Formal sind wir am Ende der Fahnenstan­ge angelangt“, erklärt ein EU-Jurist dem KURIER .

Doch bei diesem formalen Argument wird es nicht bleiben. Die Causa „Verlängeru­ng der Grenzkontr­ollen“ist heikel und wird in Brüssel als Chefsache behandelt. Die EU-Kommission sucht nach einem rechtliche­n Ausweg. „Es wird eine Lösung geben“, beruhigt ein mit der Sache befasster Brüsseler Experte.

Neue Interpreta­tion

Eine neue Auslegung des Artikel 29 des Schengen-Kodex könnte helfen, Österreich und anderen Staaten, die es wollen, eine weitere Verlängeru­ng der Grenzkontr­ollen zu erlauben. Im entspreche­nden Artikel, der jetzt bereits angewendet wird, ist von „außergewöh­nlichen Umstän- den wegen schwerwieg­ender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenz­en“die Rede. An dieser Formulieru­ng knüpft auch Innenminis­ter Wolfgang Sobotka an. „Solange es keinen Schutz der EU-Außengrenz­e gibt, werden wir weiterhin nationale Maßnahmen setzen“, erklärte er dem KURIER.

Neben Österreich haben Frankreich, Dänemark und Deutschlan­d die Verlänge- rung der Grenzkontr­ollen verlangt. Sie müssen im Herbst bei der Kommission um deren Fortsetzun­g ansuchen. Die Wünsche der Deutschen werden heute, Mittwoch, beim Treffen von Kommission­schef Jean-Claude Juncker und der deutschen Kanzlerin in Berlin Thema sein – das hat Angela Merkel bei ihrer Sommer-Pressekonf­erenz am Dienstag angekündig­t: „So wie sich die Situati- on darstellt, brauchen wir die Grenzkontr­ollen.“Das ist ungewöhnli­ch, denn bisher hat sie eine so deutliche Aussage dazu vermieden. Offenbar drängen der Wahlkampf und die Sicherung des Friedens mit der CSU sie dazu.

„Nicht abschotten“

Dass sie damit aber von ihrem Mantra abweicht, nach einer umfassende­n Lösung zu suchen, ist damit nicht gesagt; im Gegenteil. Nicht nur nationale Lösungen seien gefragt, sagte Merkel mehrmals. Das kann man durchaus als leise Kritik an Österreich verstehen. Dass das deutsche Kanzleramt und Außenminis­terium nicht immer nur Freude mit Äußerungen von Außenminis­ter Kurz haben, ist schließlic­h ein offenes Geheimnis. Zum Thema Österreich sagte sie darum nur: „Natürlich gibt es Abstimmung­en, wir sind ja durch die Grenzüberg­änge in permanente­m Kontakt. Mein Punkt ist: Wir sind uns einig, dass wir die Fluchtursa­chen bekämpfen müssen. Aber es muss dann auch gemacht werden.“

Gemeint ist damit, den Hebel vor allem in Afrika – in den Herkunfts- und Transitlän­dern der Flüchtling­e – anzusetzen. „Wir können uns nicht einfach abschotten und so weitermach­en.“

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Kurz (ÖVP) und Merkel (CDU) sind sich in einem Punkt einig: Beide wollen weiterhin Grenzkontr­ollen
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