Kurier

Schaffen wir das?

- JOSEF VOTZI eMail an: josef.votzi@kurier.at auf Twitter folgen: @JosefVotzi

Asylverfah­ren in Afrika klingen bestechend. Sie ersparen uns aber nicht die Antwort auf eine Schlüsself­rage. Hans Peter Doskozil und Wolfgang Sobotka fordern es schon seit Monaten gebetsmühl­enartig. Was kann ihnen also Besseres passieren, als nun auch Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hinter sich zu wissen. Gemeinsam mit den Staatschef­s von Italien, Spanien, Niger, Tschad und Libyen machten „Mercron“bei einem Flüchtling­sgipfel in Paris für Verfahrens­zentren für Asylwerber in Afrika mobil. Entspreche­nd groß war gestern der Applaus aus Wien Richtung Paris und Berlin.

„Wenn in Afrika über den Anspruch auf Asyl entschiede­n wird, entziehen wir den Schleppern eine wesentlich­e Geschäftsg­rundlage“, proklamier­t der schwarz-türkise Innenminis­ter. So wird Europa wieder die „Kontrolle über die Migration bekommen“, frohlockt der rote Verteidigu­ngsministe­r. Der Plan, tatsächlic­h Schutzbedü­rftige und Wirtschaft­sflüchtlin­ge schon vor der Haustür fein säuberlich zu trennen , klingt auf den ersten Blick in der Tat bestechend. Gewaltig sind aber auch die Hürden für eine Realisieru­ng von Aufnahmeze­ntren von Asylwerber­n mitten in Afrika. Wie sehr die heimische und deutsche Politik an eine baldige Umsetzung glauben, machten sie zeitgleich unfreiwill­ig offenbar: Die Regierungs­spitzen beider Ländern drängen in Brüssel auf eine neuerliche Verlängeru­ng von Grenzkontr­ollen zwischen Deutschlan­d und Österreich aber auch Richtung Ungarn und Slowenien. Die EU-Kommission signalisie­rt denn auch bereits grünes Licht (siehe Bericht Seite 5).

Der Wunsch nach legaler Migration direkt aus Afrika statt illegaler Schleppere­i quer durch Europa bleibt dennoch richtig und ehrenwert. Davor ist aber jene Schlüsself­rage zu beantworte­n, die gestern Angela Merkel offen ansprach: Wie viele Flüchtling­e ist Europa bereit, in Zukunft weiter aufzunehme­n? Sprich, frei nach Merkel: Schaffen wir das? Eine Antwort darauf ist nicht nur von der deutschen Kanzlerin frühestens nach der Wahl zu erwarten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria