Kleinkrieg um Big Brother Der Staat will am Handy mitlesen.
Rot und Blau bremsen schwarze Überwachungspläne, Kurz erhöht Druck
Österreich ist keine Insel der Seligen, ein Terroranschlag sei jederzeit möglich. Daher brauche die Polizei neue Überwachungsmöglichkeiten im Kampf gegen potenzielle Terroristen. Also Waffengleichheit mit den Bösen, die über verschlüsselte Messengerdienste im Internet und über Smartphones kommunizieren.
Grob gesprochen soll die Polizei bei WhatsApp & Co dürfen, was bei Telefon und SMS schon erlaubt ist – Nachrichten entschlüsseln können. Also de facto mitlesen, wenn eine Person verdächtigt wird, eine schwerstkriminelle Tat zu begehen und das richterliche Okay für die Überwachung vorliegt.
So argumentiert die ÖVP immer vehementer für ein in allen anderen Parteien heftig umstrittenes Sicherheitspaket, das heute auch im Nationalen Sicherheitsrat debattiert werden soll.
Am Donnerstag hat sich erstmals auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz in diese Diskussion eingemischt und die neuen Möglichkeiten zur HandyÜberwachung als „absolut notwendig“bezeichnet.
Kurz: „Das Sicherheitspaket ist ohne Alternative. Eine Regierung, die ihre Bevölkerung bestmöglich schützen will, wird dieses Paket umsetzen.“Und an die Adresse der SPÖ gerichtet: Im überarbeiteten Regierungsprogramm sei schon zu Jahresbeginn ausgemacht worden, dass es dieses Sicherheitspaket geben soll. „Die Deutschen haben noch deutlich weitreichendere Regelungen bereits geschlossen. Dass jetzt wieder zurückgerudert wird, vor allem von SPÖKlubchef Andreas Schieder, finde ich sehr schade.“
Die SPÖ, in der Verhandlungen einmal abgesagt (Schieder) und dann wieder Sebastian Kurz ÖVP-Chef zugesagt werden (Doskozil), schießt erwartungsgemäß scharf zurück.
Kanzleramtsminister Thomas Drozda versucht die schwarzen Widersacher, Innenminister Wolfgang Sobotka und Justizminister Wolfgang Brandstetter, in die Schranken zu weisen. Eine Einigung vor der Wahl hält er für unwahrscheinlich. Drozda: „Wenn es neue Vorschläge gibt, wird man sicher darüber verhandeln. Aber jemandem etwas auf den Tisch zu legen und zu sagen, wer dagegen ist, unterstütze Terroristen, das richtet sich von selbst.“
Sowohl Sobotka als auch Brandstetter haben ihre Ent- würfe mittlerweile in etlichen Details entschärft, so z.B. was den geplanten privaten Sicherheitspartnern der Polizei erlaubt sein soll. An den Eckpfeilern des Projekts wird freilich festgehalten.
Mehr Schutz vor Terror
Sobotka: „Es muss nach den zahlreichen Terroranschlägen rund um Österreich jedem klar sein, dass wir auf ein geändertes Bedrohungsszenario reagieren müssen. Wir wollen daher alles unternehmen, um Sicherheitslücken zu schließen und den Schutz der Bevölkerung bestmöglich sicherzustellen.“
Auch Brandstetter hofft noch auf die Zustimmung der SPÖ vor der Wahl: „Der nachgeschärfte Entwurf steht für einen nochmals verstärkten Rechtsschutz, nochmals eingeschränkten Anwendungsbereich auf Schwerstkriminalität sowie Terrorismus und definitiv nicht für eine Massenüberwachung.“
Das befürchtet die SPÖ aufgrund der unklaren technischen Umsetzung der HandyÜberwachung. Und selbst die FPÖ bremst. Sicherheitssprecher Harald Stefan: „Die Tür Richtung Überwachungsstaat darf nicht zu weit aufgehen. Die handelnden Personen gehen reichlich naiv an die Sache heran.“Ein Schelm, wer da naiverweise einmal mehr an Wahlkampf denkt...