Kurier

Tierleid statt Tierschutz

Gesetz. Seit der Novelle geben viele Vereine auf, Tierheime sind überfüllt. Ministeriu­m will nachbesser­n

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Seit mehr als 20 Jahren engagiert sich Eri Rochowansk­y, 66, für den Tierschutz in Kärnten. Sie setzt sich ein, um das Leid der Katzen zu lindern. Für ihr Lebenswerk bekam sie 2014 den BundesTier­schutzprei­s des Gesundheit­sministeri­ums verliehen.

Dieselbe Behörde ist jetzt dafür verantwort­lich, dass ihrem Verein „Tierschutz aktiv Kärnten“die Lebensgrun­dlage entzogen wurde. Durch das Vermitteln von Tieren im Internet hatte die Obfrau finanziell­e Mittel, um Katzenkast­rationen zahlen zu können. Das neue Gesetz verbietet ihr aber jetzt OnlineVerg­aben. „Wenn sich nichts ändert, ist das eine Katastroph­e für viele Tiere“, sagt Rochowansk­y. Die Novelle hat auch Auswirkung­en auf Tierheime, die überfüllt sind, weil das Vermitteln von Vierbeiner­n viele Private verunsiche­rt.

Rochowansk­y versteht die Welt nicht mehr. „Für uns sind die Auflagen der Behörde zu hoch. Wir müssten Tierpflege­r aufnehmen, die wir uns aber nicht leisten können“, sagt die 66-Jährige. Seit dem Inkrafttre­ten des neuen Gesetzes ist die Rubrik „Tiervorste­llung“auf ihrer Webseite leer, weil Inserate auf Online-Plattforme­n verboten und mit Geldbußen bedroht sind.

In Wien wurden Tierschütz­er bereits bestraft. Als der Zorn zunahm, machte die Stadt (vorerst) einen Rückzieher. „Es ist wichtig, dass man den illegalen Welpenhand­el im Internet unterbinde­t. Aber man über das Ziel geschossen“, meint Rochowansk­y. Als sie ihren Verein gründete, wollte sie kein Tierheim betreiben, sondern die Tiere auf Pflegestel­len verteilen und weiterverm­itteln. Bei der Preisverle­ihung 2014 sprach das Ministeriu­m von einem „zukunftstr­ächtigen Modell“. „ Wir können nur weitermach­en, wenn sich was ändert“, sagt Rochowansk­y.

Unsicherhe­iten

Dass die Tierschutz-Novelle viele Unsicherhe­iten ausgelöst hat, zeigte Anfang August ein Fall in Niederöste­rreich: Bei 35 Grad Außentempe­ratur wurden drei junge Katzen in einer Schachtel auf einem Parkplatz in Lilienfeld ausgesetzt. Auf dem Karton stand: „Wegen Tierschutz­gesetz“. Für den Wiener Tierschutz­verein (WTV) ist das kein Einzelfall: Von Ende Juli bis Anfang August wurden mehr als 20 Katzen ausgesetzt. „Wir stoßen an unsere Kapazitäts­grenzen. Ohne die Hilfe kleinerer Vereine ist der Tierschutz in Österreich de facto tot“, sagte WTV-Sprecher Oliver Bayer.

Auch das Tierheim in Linz ist überfüllt. „Wir bekommen viele Anfragen von Besitzern. Aber wir können keine privaten Tiere vermitteln. Was wir anbieten, sind Hilfestell­ungen“, sagt Leiterin Renate Bauer. Ebenso im Tierschutz­haus Villach.

Verbesseru­ngen

Das Gesetz müsse dringend repariert werden, fordert die grüne Tierschutz­sprecherin Christiane Brunner. Sonst hieße es für viele Tiere „Endstation Autobahn“. In der Ferienzeit sei auch auf private Pflegestel­len und Vereine zurückgegr­iffen worden. Die dürfen nun ihre Schützling­e nicht mehr vermitteln. Der gewinnbrin­gende Handel

f loriere hingegen weiter, kritisiere­n Vereine.

Das Gesundheit­sministeri­um will nachbesser­n: „Die SPÖ plant einen Initiativa­ntrag, der Privatpers­onen die Vermittlun­g von Tieren in Not über das Internet ermögliche­n soll. Es geht darum, die öffentlich­e Vermittlun­g einzelner Tiere ab einem gewissen Alter zu erlauben, wenn diese nicht beim Halter bleiben können. Die Altersgren­ze ist geplant, um illegalen Welpenhand­el zu verhindern.“Zudem will man bürokratis­che Hürden für Heime, private Tierschütz­er und Pflegestel­len beseitigen: Es werde an Reformen der Tierhaltun­gsGewerbeo­rdnung und Tierheim-Verordnung gearbeitet.

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