Kurier

Ein schlechter Ruf ist Gold wert

Kriminalit­ät. Im Vorjahr gab es 3200 Anzeigen gegen Tschetsche­nen

- (siehe oben)

Bei Ermittlern gelten tschetsche­nische Straftäter als „harte Hunde“. Viele haben Kampferfah­rung, oft sind sie bewaffnet. Auch Andreas Holzer, Leiter der Abteilung für Organisier­te Kriminalit­ät im Bundeskrim­inalamt, kennt die Besonderhe­iten der Ethnie. „Tschetsche­nen sind sehr auf ihren Ruf bedacht, auch wenn das ein kriminelle­r Ruf ist. Sie wollen sich ein gewisses Standing auf bauen. Eine Haftstrafe ist dabei nicht hinderlich“, schildert Holzer.

Verhaltens­regeln

Innerhalb der Polizei gibt es einen eigenen Leitfaden im Umgang mit der Volksgrupp­e: Stehen die Beamten einer Gruppe gegenüber, geht es einerseits darum, Autorität zu vermitteln, aber anderersei­ts auch Respekt zu zeigen. „Eine Amtshandlu­ng vor den anderen würde einen Gesichtsve­rlust bedeuten“, sagt Holzer. Da speziell bei Tschetsche­nen die Ehre einen hohen Stellenwer­t hat, könnte das rasch zu einer Eskalation führen.

Die Polizei hat relativ oft mit Tschetsche­nen zu tun. Rund 30.000 leben in Österreich. Im Vorjahr wurden 3200 Straftaten durch Personen aus der „Russischen Föderation“angezeigt, 40 Prozent davon in Wien. Auch bei den IS-Kämpfern sind sie führend: 279 Personen aus Österreich reisten in den Dschihad, 112 davon waren Tschetsche­nen.

Auffällig wird die Gruppe vor allem bei Delikten wie Körperverl­etzung oder gefährlich­er Drohung. Und da geraten selbst Jugendlich­e ins Visier der Ermittler – wie etwa im Fall der Goldenberg­Bande – ein Großteil der Mitglieder befindet sich übrigens wieder auf freiem Fuß. Im kommenden Jahr wird auch der Bandenchef aus der Haft entlassen.

Die aktuellen Festnahmen betreffen eine Schutzgeld-Bande. Sie hatte laut Ermittlung­en Unternehme­r mit Migrations­hintergrun­d erpresst. In Lokalen ließ die Bande Kellner auskundsch­aften, was zu holen ist und ob es Schwarzgel­d-Konten gibt. „Sie wussten ganz genau, wer wie viel zahlen kann“, sagt Holzer. Seit den Festnahmen ist es ruhiger geworden.

Dennoch: In Graz, Linz, Wien und auch in Vorarlberg dürften weiterhin kleinere Gruppen aktiv sein. Verbindung­en gibt es auch in Nachbarlän­der. „Die Autoritäte­n, die alles steuern, sitzen oftmals im Ausland“, sagt Holzer.

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