Kurier

Polizeitro­ttel auf dem Weg zur Besserung

Kritik. Frances McDormand und Woody Harrelson in pointenrei­cher Tragikomöd­ie

- – SEI

Sieben Oscarnomin­ierungen für „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“bestätigen die Karriere eine Films, der einen Triumpfzug bei Kritikern und Publikum feierte. Bis es zum Backlash kam. Vor allem die Figur eines rassistisc­hen Polizisten, der sich zum netten Typen verbessern darf, fuhr Widerspruc­h ein. Einigkeit herrscht über die Exzellenz des Schauspiel­erEnsemble­s: Frances McDormand spielt furios Mildred Hayes, die Mutter einer ermordeten Teenagerin. Wütend darüber, dass die lokale Polizei keine Fortschrit­te bei der Verbrechen­sauf klärung macht, mietet sie drei Anzeigetaf­eln „Gestorben, während sie vergewalti­gt wurde“, steht zu lesen, und: „Warum wurde noch niemand verhaftet?“Die Frage richtet sich an den Polizeiche­f, den Woody Harrelson mit Gusto zum Schillern bringt. Ihn will Mildred zum Handeln zwingen und zieht sich den Hass der Bevölkerun­g zu.

Keine besonders lustige Ausgangssi­tuation, möchte man meinen, doch der irische Dramatiker und Drehbuchau­tor Martin McDonagh („Brügge sehen ... und sterben?“) spitzt seine ExtremHand­lung zu scharfen Poin- ten zu, die er auf das Herz der US-Provinz richtet. Rassismus, Sexismus, Gewalt und Schwulendf­eindlichke­it stehen auf seiner Anklagelis­te.

Der Polizeitro­ttel – Sam Rockwell in einer Paraderoll­e – ist beispielsw­eise berühmt für seine Foltermeth­oden von Schwarzen, besteht aber auf korrekter Sprechweis­e: „Es heißt nicht mehr ,NiggerTort­uring‘, sondern ,Peopleof-Color-Torturing‘ “.

Oberschlau

Es sind Witze wie diese, mit denen McDonagh leichte Beute im Terrain der Political-Correctnes­s-Satire macht, und man spürt förmlich, wie schlau er sich dabei vorkommt. Auf ihrem Rachefeldz­ug sticht Mildred dem Zahnarzt im Tarantino-Style mit dem Bohrer durch den Daumen und tritt Teenagern zwischen die Beine. Auch so ein Markenzeic­hen des Regisseurs, der gerne zwischen Gewalt und Witz changiert, sein Publikum im Wechselbad der Gefühle fesselt und dabei angestreng­t die Handlungsf­äden zieht.

„Three Billboards“ist über weite Strecken vergnüglic­h, doch im Grunde interessie­rt sich McDonagh wenig für gesellscha­ftliche Verhält- nisse, und auch für seine Figuren nur in so weit, als sie ihm Potenzial für effektvoll­e Gewaltausb­rüche oder krasse Komik in bester SitcomMani­er liefern. Dass sich trotzdem tief empfundene Momente von Schmerz oder Humor einstellen, verdankt der Regisseur seinen Schauspiel­ern, nicht seinem Kalkuliers­piel.

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