Schrems kann Facebook in Österreich klagen
Eine Sammelklage wurde abgelehnt, das soziale Netzwerk kommt dennoch vor Gericht
Undurchsichtige Datenschutzerklärungen, das detaillierte Aufzeichnen und Auswerten von Nutzeraktivitäten und die Weitergabe von Daten an US-Geheimdienste. Im August 2014 brachte der Datenschutzaktivist Max Schrems in Wien gegen das Online-Netzwerk Facebook eine Sammelklage wegen Verstößen gegen Datenschutzbestimmungen ein. Nachdem die Klage mehr als dreieinhalb Jahre die Gerichte beschäftigte und schließlich beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) landete, steht nun fest: Schrems darf Facebook in Österreich klagen.
Keine Sammelklage
Nicht zulässig ist laut den europäischen Höchstrichtern allerdings die von Schrems eingebrachte Sammelklage gegen das Online-Netzwerk, der sich mehr als 25.000 Nutzer anschließen wollten. Für Schrems ist der Richterspruch dennoch ein Erfolg. Er wird Facebook nun privat in Wien klagen. „Erstmals muss ein Gericht klären, ob das Geschäftsmodell von Facebook den europäischen Datenschutzregeln entspricht“, sagt Schrems, der bereits da- vor jahrelang erfolglos versuchte, Facebooks Datensammelpraxis vor ein irisches Gericht zu bringen. „Wenn die Gerichte feststellen, dass Facebook illegal Daten nutzt, muss das Geschäftsmodell an europäisches Recht angepasst werden.“Facebook habe um jeden Preis vermeiden wollen, dass sein Geschäftsmodell mit europäischem Verbraucher- und Datenschutzrecht in Kontakt komme“, sagt Schrems: „Für Facebook ist das toxisch.“
Das Online-Netzwerk zeigte sich über die Ablehnung der Sammelklage in einer ersten Reaktion erfreut.
Nachteile für Nutzer
Dass er Facebook nun alleine klagen müsse, mache keinen Unterschied, sagt Schrems. Bedauerlich sei, dass der Richterspruch des EuGH auch Rückschläge beim Ver- braucherschutz mit sich bringe. Der EuGH habe nämlich festgestellt, dass nur noch der ursprüngliche Vertragspartner eines Unternehmens Verbraucherschutz genießen könne. Das bedeute, dass etwa Käufer eines Gebrauchtwagens, die nicht direkt mit dem Hersteller einen Vertrag abgeschlossen hätten, künftig nicht mehr gegen diesen vorgehen könnten. Auch das Problem der fehlenden euro- päischen „Sammelklage“bleibe bestehen, sagt Schrems, der derzeit Geld für die Gründung einer Datenschutzorganisation sammelt.
Die „Sammelklage österreichischer Prägung“gilt nach dem EuGH-Spruch bei grenzüberschreitenden Schadensfällen als gescheitert. Sie könne nach derzeitiger Rechtslage nur eingebracht werden, wenn das be- klagte Unternehmen aus Österreich kommt, erläutert Ulrike Wolf, Rechtsexpertin des Vereins für Konsumenteninformation (VKI). Der VKI war in der Vergangenheit mit Sammelklagen unter anderem gegen den Finanzberater AWD erfolgreich. Solche Klagen würden eine Rechtsdurchsetzung auch für Konsumenten ermöglichen, die sich eine Klage sonst nicht leisten könnten: „Der Spruch des EuGH bedeutet, dass sich Unrecht für ausländische Konzerne in Österreich lohnt, weil sie nicht mit Sanktionen rechnen müssen. Die Politik ist gefordert.“
Reform angekündigt
Die EU-Kommission kündigte in Reaktion auf den EuGHSpruch eine Reform der Konsumentenschutzregeln an. In Datenschutzfragen gibt es bereits ab Ende Mai 2018, wenn die neuen EU-Datenschutzregeln durchgesetzt werden, für Konsumenten zumindest theoretisch die Möglichkeit, europaweit Sammelklagen einzubringen. Österreich sehe dabei aber durch die Finger, kritisiert Wolf. „Es wurde verabsäumt, den entsprechenden Passus der Verordnung hierzulande umzusetzen.“