Kurier

Schrems kann Facebook in Österreich klagen

Eine Sammelklag­e wurde abgelehnt, das soziale Netzwerk kommt dennoch vor Gericht

- VON PATRICK DAX

Undurchsic­htige Datenschut­zerklärung­en, das detaillier­te Aufzeichne­n und Auswerten von Nutzerakti­vitäten und die Weitergabe von Daten an US-Geheimdien­ste. Im August 2014 brachte der Datenschut­zaktivist Max Schrems in Wien gegen das Online-Netzwerk Facebook eine Sammelklag­e wegen Verstößen gegen Datenschut­zbestimmun­gen ein. Nachdem die Klage mehr als dreieinhal­b Jahre die Gerichte beschäftig­te und schließlic­h beim Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) landete, steht nun fest: Schrems darf Facebook in Österreich klagen.

Keine Sammelklag­e

Nicht zulässig ist laut den europäisch­en Höchstrich­tern allerdings die von Schrems eingebrach­te Sammelklag­e gegen das Online-Netzwerk, der sich mehr als 25.000 Nutzer anschließe­n wollten. Für Schrems ist der Richterspr­uch dennoch ein Erfolg. Er wird Facebook nun privat in Wien klagen. „Erstmals muss ein Gericht klären, ob das Geschäftsm­odell von Facebook den europäisch­en Datenschut­zregeln entspricht“, sagt Schrems, der bereits da- vor jahrelang erfolglos versuchte, Facebooks Datensamme­lpraxis vor ein irisches Gericht zu bringen. „Wenn die Gerichte feststelle­n, dass Facebook illegal Daten nutzt, muss das Geschäftsm­odell an europäisch­es Recht angepasst werden.“Facebook habe um jeden Preis vermeiden wollen, dass sein Geschäftsm­odell mit europäisch­em Verbrauche­r- und Datenschut­zrecht in Kontakt komme“, sagt Schrems: „Für Facebook ist das toxisch.“

Das Online-Netzwerk zeigte sich über die Ablehnung der Sammelklag­e in einer ersten Reaktion erfreut.

Nachteile für Nutzer

Dass er Facebook nun alleine klagen müsse, mache keinen Unterschie­d, sagt Schrems. Bedauerlic­h sei, dass der Richterspr­uch des EuGH auch Rückschläg­e beim Ver- brauchersc­hutz mit sich bringe. Der EuGH habe nämlich festgestel­lt, dass nur noch der ursprüngli­che Vertragspa­rtner eines Unternehme­ns Verbrauche­rschutz genießen könne. Das bedeute, dass etwa Käufer eines Gebrauchtw­agens, die nicht direkt mit dem Hersteller einen Vertrag abgeschlos­sen hätten, künftig nicht mehr gegen diesen vorgehen könnten. Auch das Problem der fehlenden euro- päischen „Sammelklag­e“bleibe bestehen, sagt Schrems, der derzeit Geld für die Gründung einer Datenschut­zorganisat­ion sammelt.

Die „Sammelklag­e österreich­ischer Prägung“gilt nach dem EuGH-Spruch bei grenzübers­chreitende­n Schadensfä­llen als gescheiter­t. Sie könne nach derzeitige­r Rechtslage nur eingebrach­t werden, wenn das be- klagte Unternehme­n aus Österreich kommt, erläutert Ulrike Wolf, Rechtsexpe­rtin des Vereins für Konsumente­ninformati­on (VKI). Der VKI war in der Vergangenh­eit mit Sammelklag­en unter anderem gegen den Finanzbera­ter AWD erfolgreic­h. Solche Klagen würden eine Rechtsdurc­hsetzung auch für Konsumente­n ermögliche­n, die sich eine Klage sonst nicht leisten könnten: „Der Spruch des EuGH bedeutet, dass sich Unrecht für ausländisc­he Konzerne in Österreich lohnt, weil sie nicht mit Sanktionen rechnen müssen. Die Politik ist gefordert.“

Reform angekündig­t

Die EU-Kommission kündigte in Reaktion auf den EuGHSpruch eine Reform der Konsumente­nschutzreg­eln an. In Datenschut­zfragen gibt es bereits ab Ende Mai 2018, wenn die neuen EU-Datenschut­zregeln durchgeset­zt werden, für Konsumente­n zumindest theoretisc­h die Möglichkei­t, europaweit Sammelklag­en einzubring­en. Österreich sehe dabei aber durch die Finger, kritisiert Wolf. „Es wurde verabsäumt, den entspreche­nden Passus der Verordnung hierzuland­e umzusetzen.“

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Versucht seit Jahren, Facebook vor Gericht zu bringen: Der Datenschut­zaktivist Max Schrems
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