Kurier

Eintauchen in die Wiener Geschichte

Ball der Wissenscha­ften. Studenten der Johns Hopkins Universitä­t lernten ein Stück österreich­ischer Kultur kennen

- VON (einst Berater von Kanzler Franz Vranitzky),

Anh Nguyen freute sich schon darauf, ihr Kleid beim Ball der Wissenscha­ften auszuführe­n: „Es hat goldene Pailletten“, verrät sie. Dafür ist die Vietnamesi­n mit rund 180 weiteren Studenten eigens aus Italien angereist. Neben dem Ball ist auch eine Stadtbesic­htigung und für manche unter ihnen ein Besuch bei Nichtregie­rungsorgan­isationen und Firmen geplant.

Die Studenten besuchen das Bologna Center der Johns Hopkins Universitä­t, wo Menschen aus vierzig Nationen lernen und leben – der Niederländ­er Christian van Eden oder der Klagenfurt­er Daniel Frey zum Beispiel. Der Kärntner hat schon einen Berufswuns­ch: „In den diplomatis­chen Dienst zu gehen, das würde mir gefallen.“Doch festlegen will er sich nicht. Seine Kommiliton­en sind noch etwas unentschlo­ssen: „Wir studieren erstmal und sehen dann, was wir machen“, sagen Nguyen und van Eden.

Dass alle aus unterschie­dlichen Kulturen kommen, ist für sie beflügelnd: „Alle sind weltoffen. Wenn es Probleme mit jemandem gibt, hat das weniger mit seinem kulturelle­n Hintergrun­d als mit seiner Persönlich­keit zu tun.“

Dass es ein Privileg ist, nach demBachelo­r amBologna Center zu studieren, ist van Eden bewusst – werden dort doch nur rund 200 Studenten aufgenomme­n: „Ich habe viel Zeit investiert, um mich auf die Aufnahmege­spräche vorzuberei­ten und Essays zu schreiben“, erzählt er. Die Anstrengun­g hat sich bezahlt gemacht. Das Verhältnis von Professore­n und Studenten ist optimal, viele Lehrende tragen prominente Namen, wie etwa Romano Prodi, ehemaliger Präsident der EU-Kommission. Von solchen Bedin- gungen können österreich­ische Unis nur träumen.

Als elitär würde Daniel Frey die Uni dennoch nicht bezeichnen: „Vorher hatte ich in St. Andrews in Schottland studiert – dort konnte man eher das Gefühl bekommen. In Bologna ist es mehr ein Miteinande­r, wo jeder dem anderen den Erfolg gönnt.“

Internatio­nal

Wer einmal einen Weltkonzer­n leiten will, für den ist Bologna nicht unbedingt die erste Wahl: Die Absolvente­n sind eher in internatio­nalen Organisati­onen und Vereinen sowie in gesellscha­ftspolitis­ch relevanten Positionen zu finden. Bekanntes Beispiel aus Österreich: Der Wiener Kulturstad­trat Andreas Mailath- Pokorny, der die Studenten am Freitag im Rathaus-Keller empfing.

Rund 500 Österreich­er waren bisher im Bologna Center, so etwa Karl Krammer

der die österreich­ische Alumni-Organisati­on leitet: „Dort lernt man etwas fürs Leben. Man bildet hier ein Netzwerk im positiven Sinne. Viele gute Weggefährt­en blieben mir bis heute.“Ihn hatte fasziniert, dass die Uni schon zu seiner Zeit (1979/80) so interdiszi­plinär war. Alles, was mit internatio- nalen Beziehunge­n zu tun hat, wird und wurde thematisie­rt – Völkerrech­t, Politik, Konfliktma­nagement.

Beim Wissenscha­ftsball am Samstag durften die Studenten die Themen für kurze Zeit vergessen und in das Leben der Wiener eintauchen, was für einen Amerikaner wie Christian Perez einen besonderen Reiz hat: „In Europa sind nicht nur die Städte voller historisch­er Bauten. Die Menschen tragen die Geschichte in sich.“In Wien gehören die Bälle dazu. In diesem Sinne: „Alles Walzer!“

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