Der überfällige Sprung auf das Podest
Garmisch-Partenkirchen. Kriechmayr fährt erstmals in seiner Karriere in der Abfahrt in die Top 3 / Feuz gewinnt
Wenn der 9.28-Uhr-Bus vom Garmischer Zentrum zum Ziel der Kandahar-Abfahrt gar nicht alle Fahrgäste mitnehmen kann, weil der Andrang zu groß ist, dann ist klar: Es muss etwas Besonderes geschehen sein im deutschen Skirennlauf. Und das ist es ja auch: Der Sieg von Thomas Dreßen in der Kitzbüheler Hahnenkamm-Abfahrt sorgte am Samstag für volle Ränge bei der letzten Hochgeschwindigkeitsprüfung vor den olympischen Winterspielen in Südkorea.
Schon zwei Stunden vor dem Rennstart waren die Tribünen gut besetzt, und als Lokalmatador Dreßen sich mit Nummer 13 aus dem Starthaus stieß, da waren die 8000 Zuschauer aus dem ausverkauften Häuschen – doch für den Sieg reichte es dieses Mal nicht: 0,53 Sekunden Rückstand auf den Schnellsten bedeuteten Platz sieben. Und weil Andreas Sander Elfter wurde, war auch der Bormio-Fluch des Vincent Kriechmayr endlich erledigt.
Kleiner Fehler
Der 26-jährige Oberösterreicher hatte sich ja vor Jahreswechsel beim Traditionsrennen im Veltlin zum Satz „Ich bin oben gestanden wie ein deutscher Tourist“hinreißen lassen – und seither war stets ein DSV-Athlet vor dem Gramastettner; in der Abfahrt von Wengen und in Super-G und Abfahrt von Kitzbühel.
Aller schlechten Dinge sind drei, und hätte Kriechmayr nicht vor dem Sprung in den Freien Fall einen kleinen Fehler gebaut („mir hat’s die Skier verschlagen, und dann hab’ ich mehr andriften müssen als geplant“), sein erster Besuch auf dem Siegespodest einer Abfahrt wäre wohl einer auf Rang eins gewesen.
So aber siegte Weltmeister Beat Feuz aus der Schweiz, es war der dritte Saisonerfolg des Wahl-Tirolers, der im Sommer Vater wird. Kriechmayr, den einmal mehr ein Bus voll Fans aus der Heimat unterstützte, war freilich in ähnlich sonniger Laune wie das Wetter im Werdenfelser Land: „Ich hab’ ja gewusst, dass ich auch in der Abfahrt zu den Schnellsten gehöre, aber ich hab’ halt viele Chancen ausgelassen. Jetzt freu’ ich mich irrsinnig.“Da störte auch nicht, dass er die Trophäe für den Dritten bekam– weil Dominik Paris zeitgleicher Zweiter wurde und die Organisatoren nur eine Trophäe je Rang hatten.
Kriechmayr will sich nun von seinen Vorbildern Aksel Lund Svindal (am Samstag Vierter) und Hannes Rei- chelt (Fünfter nach einem kleinen Fehler) „noch viel abschauen“. Am Freitag hebt er gen Südkorea ab, bis dahin will er „trainieren, wenn die Verhältnisse gut sind – oder ich mach’ eine Pause“. Weiterarbeiten steht hingegen auf dem Plan von Hannes Reichelt, „damit solche Fehler nicht mehr passieren“.
Ein Hoppala stoppte Christof Innerhofer, der die Trainings dominiert hatte: Der Südtiroler rutschte im oberen Streckenteil weg und über den Schnee, schließlich reichte es noch zum 14. Rang.
Am Sonntag folgt der letzte Riesenslalom vor Olympia (10.30/ 13.30, live ORF eins), und dann steht Marcel Hirscher im Fokus: Für den Gesamtweltcupführenden geht es darum, mit dem dritten Sieg in Garmisch en suite die Konkurrenz weiter zu distanzieren – und Hermann Maiers Marke von 54 Erfolgen zu übertreffen. Ganz fertig ist der vorolympische Weltcup dann freilich noch nicht: Am Dienstag folgt noch das Parallel-Event von Stockholm.
Bei beiden Bewerben wird der für Südkorea nominierte Philipp Schörghofer fehlen: Der Salzburger will seinen Verletztenstatus nicht durch Starts verlieren.