„Unter den Bürgermeistern gibt
Hans Hingsamer. Der Präsident des Gemeindebundes verteidigt die Eigenständigkeit der Gemeinden, die unter dem Schlagwort Kontrolle durch das Land einer neuen Bürokratie unterworfen werden soll.
Hans Hingsamer (61) ist Präsident des Gemeindebundes, Landtagsabgeordneter und Bürgermeister von Eggerding (Bez. Schärding). KURIER: Die Kontrolle der Gemeinden soll verschärft werden. Das kann auch bedeuten, dass ein Bürgermeister abgesetzt werden kann. Hans Hingsamer: Das, was jetzt angedacht ist, kann ich mittragen. Weil die Beratungstätigkeit der Bezirkshauptmannschaften verstärkt wird. Die Beamten schauen sich die Budgetvorschläge der Gemeinden genau an. Die Beratungen gehen auch weit in Richtung Empfehlungen. In der Landesdirektion Kommunales sind die Gemeindeprüfer angesiedelt.
Die Möglichkeit Bürgermeister abzuberufen besteht jetzt schon. Der Gemeinderat kann einen Mißtrauensantrag einbringen und ihn mit Mehrheit absetzen. Das Land kann das nicht. Bundesländer, die diese Möglichkeit haben wie Tirol, haben davon noch nie Gebrauch gemacht. Die Kernfrage ist, wie diese Bestimmung formuliert wird. Es darf zu keinen politischen Willkürakten führen. Die Möglichkeit einer Absetzung darf es nur dann geben, wenn die Gemeinde aufgrund einer Prüfung des Landes oder des Rechnungshofes nicht handelt. Vorrangig entscheidet die Gemeinde, weil der Bürgermeister von der Gemeinde gewählt wurde.
Genau. Der Bürgermeister ist ja direkt gewählt, deshalb kann das Land nicht so locker sagen, wir setzen ihn einfach ab. Wenn aber klare Rechtsverstöße vorliegen, muss das Land die Möglichkeit haben zu steuern. Im Extremfall als letzten Schritt auch die Absetzung. Die Missstände bei den Bauverfahren in St. Wolfgang waren einem relativ weiten Kreis bekannt. Warum wurde da nicht früher eingegriffen?
Das Eingreifen Landes war schwierig. Warum?
Weil der direkte Zugriff nicht möglich war. Außer über den Geldfluss. Aber es handelte sich doch um Rechtsverstöße gegen die Bauordnung.
Das liegt in der Autonomie der Gemeinden. Das Land hat ja bei seinen Prüfungen darauf hingewiesen. Das, worauf der Rechnungshof nun neuerlich verwiesen hat, hat die Gemeindeaufsicht des Landes schon vor Jahren festgestellt. St. Wolfgang war die meistgeprüfte Gemeinde des Landes, weil Mängel bekannt waren. Die Prüf berichte waren immer in Ordnung.
Der eigentliche Schwachpunkt lag in der Gemeinde. Der Prüfungsausschuss des Gemeinderates muss sich mit dem Prüf bericht des Landes beschäftigen. Dieser Ausschuss hat das nicht wirklich gemacht, er ist nicht einmal seiner Prüfpf licht nachgekommen. Der Ausschuss hat auch nicht seine fünf Sitzungen pro Jahr gemacht, bestenfalls zwei. Es hat sich auch der Gemeinderat nicht wirklich mit den Prüf berichten auseinandergesetzt. Obwohl er die Prüf berichte ständig wiederkehrend bekommen hat. Die Kontrolle in der Gemeinde hat versagt?
Sie hat versagt, keine Frage.
St.Wolfgang hat über viele Jahre hinweg die kostengünstigste Verwaltung des Landes gehabt. Die Kosten lagen zwischen 115 und 120 Euro pro Einwohner, wo jede Gemeinde, die 170 Euro schafft, schon gut ist. Der Bürgermeister hat übertrieben gespart und hat sich dessen auch noch gerühmt. Mehr als zwei Drittel der Vergehen in der Bauverwaltung waren Baufertigstellungsanzeigen, wo der Bauwerber verpflichtet ist, der Gemeinde seine Baufertigstellung anzuzeigen. Die Gemeinde hätte das verlangen müssen. Die Bauverwaltung hat dort überhaupt nicht funktioniert, was uns weh tut, weil 99 Prozent der Gemeinden das in Ordnung haben. Ist die Verschärfung der Gemeindekontrollen gerechtfertigt? St. Wolfgang ist offensichtlich ein Einzelfall.
Meine Sorge ist, dass man wegen St. Wolfgang eine übertriebene Bürokratie aufbaut. Kontrolle muss funktionieren. Sie hat auch funktioniert, nur die Umsetzung in der Gemeinde hat nicht funktioniert. Wir reden vom Abbau der Verwaltung, machen aber genau das Gegenteil. Landesrat Max Hiegelsberger wird vorgeworfen, dass er St. Wolfgang 430.000 Euro für den Schulbau überwiesen hat, obwohl ein Auszahlungsverbot durch Josef Ackerl vorlag. War die Überweisung gerechtfertigt?
Ich war nicht direkt eingebunden, deshalb kann ich nur Indirektes sagen. Diese Summe für den Schulbau war 2006 genehmigt, der Bau wurde mit einer starken Zeitverzögerung abgewickelt. Das, was die Gemeinde im Finanzierungsplan hat, steht ihr zu. Eine Gemeinde kann ohne Landesgeld keine Schule bauen, weil sie damit alleine überfordert wäre.
Was wäre gewesen, wenn Hiegelsberger das Geld nicht gezahlt hätte? Die Gemeinde hätte noch mehr finanzielle Sorgen und Probleme, denn sie kann das aus eigener Kraft nicht erwirtschaften. Wen würde es treffen? Die Schüler und Eltern. Es wäre andernfalls in Richtung Darlehensfinanzierung gegangen, was die Gemeinde langfristig belastet. Es hätte die Probleme der Gemeinde nur vergrößert und nicht verkleinert. Die Gemeinde wäre vermutlich doppelt geschädigt gewesen.
Dass der Schulbau zeitlich so lange verzögert worden ist, kann man auch nicht gutheißen. Ex-Bürgermeister Hannes Peinsteiner war ein engagierter Mann, der sehr viel für St. Wolfgang gemacht hat. Es steht sehr gut da. Aber um Formalismen hat er sich nicht wirklich gekümmert. Das war sein Schwachpunkt. Er war mehr ein Manager und Macher. Wenn er einen Amtsleiter gehabt hätte, der sich darum gekümmert hätte, wäre das vielleicht nicht passiert. Es ist auch an der Verwaltung gelegen, aber er hat bei der Verwaltung übertrieben gespart. Die Abwanderung aus dem ländlichen Raum geht ungebrochen weiter, der Zentralraum hingegen wächst und wächst. Ist man dieser jahrzehntelangen Entwicklung weiterhin hilflos ausgeliefert?
Die Digitalisierung wird uns in einer gewissen Weise helfen können. Es ist richtig, dass die peripheren Gebiete mit der Abwanderung kämpfen. Wir sehen zum Beispiel entlang der neuen Mühlviertler Schnellstraße ein gutes Wachstum, aber entlang der Randgebiete zu Niederösterreich und Tschechien haben wir Probleme. Oder im Sauwald rund um Vichtenstein, St. Ägidi und Engelhartszell. Wir bekommen in diese Gebiete auch nur schwer Betriebe hin. In den ländlichen Gebieten sind die Leute durchaus bereit, 15, 20 km zum Arbeitsplatz zu pendeln. Sie akzeptieren auch 30 km. Meine Gemeinde Eggerding ist in den vergangenen Jahren leicht um 80 Bewohner gewachsen, weil sich das Gewerbegebiet St. Marienkirchen-Suben und die Region Ort, St. Martin, Reichersberg hervorragend entwickeln.
Wir würden aber eine bessere Entwicklung entlang der Bundesstraße 137 (Grieskirchen-Schärding) benötigen. Eine Chance ist möglicherweise der Fachkräftemangel. Die abgelegenen Gebiete verfügen über ein gutes und engagiertes Arbeitskräftepotenzial.
Das Innviertel ist dafür ein Beispiel, weil es landesweit wirtschaftlich am stärksten wächst. Stärker als der Zentralraum. Beginnend mit 1. Februar sollen die Gemeinden die Beiträge zur Nachmittagsbetreuung in den