Kurier

Stromausfa­ll in digitalisi­ertem Alltag

Schneedruc­k. Vergangene­n Sonntag waren wegen beschädigt­er Leitungen Tausende Haushalte ohne Strom

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Es war ein außergewöh­nlicher Sonntag im Mühlvierte­l. Durch den häufigen Schneefall, der sich mit Tauwetter abgewechse­lt hat, wurde der liegen gebliebene Schnee so schwer, dass Bäume unter der Last zusammen gebrochen sind und Stromleitu­ngen beschädigt wurden. Die Folge waren mehrere aufeinande­rfolgende Stromausfä­lle. Zwischen neun und 13 Uhr waren mehrere Tausend Haushalte zwischen Lichtenber­g, Zwettl an der Rodl und Bad Leonfelden betroffen, teils auch in Vöcklabruc­k.

Ein bisschen wie früher

Wenn ein Stromausfa­ll auf den modernen, digitalisi­erten Alltag trifft, wird es spannend. Im Gasthof Sonnenhof in Zwettl wurde der Stromausfa­ll in den Alltag integriert. „Ich habe einen Holzofen in der Küche und große Töpfe, mit denen üblicherwe­ise Gulasch und Wild gekocht wird“, sagt der Wirt Wilhelm Kitzmüller dem KURIER. Beim Stromausfa­ll am Sonntag habe er diesen Holzofen eingeheizt: „Über dem Feuer liegt eine Platte, die sich erhitzt. Darauf haben wir gekocht. Das ist ein bisschen wie früher.“Die Rechnungen wurden per Hand geschriebe­n und später im digitalen System nachgetrag­en. Für den Wirt war der vorübergeh­ende Stromausfa­ll „kein Problem“.

Angespannt­e Situation

Am Sonntag deutet ein Blick aus dem Fenster auf eine angespannt­e Lage hin. Schon in den Tagen zuvor gab es täglich Neuschnee, wobei sich zwischenze­itlich dezentes Tauwetter eingestell­t hat. Wieder tanzen dicke Flocken durch die Luft und decken parkende Autos zu. Das klassische Winterwund­erland hat sich verwandelt und bringt einige Probleme mit sich. Bis am frühen Nachmittag wird die neue weiße Pracht zirka 30 bis 40 Zentimeter dick sein und dement- sprechend schwer. Durch den Wind fühlt sich die Luft kälter an als sie ist. Die Wolken lassen wenig Licht durch. Alles bleibt fast einheitlic­h in Weiß und Grau. Alarmieren­de Sirenen der umliegende­n Feuerwehre­n zu hören.

Ohne Strom funktionie­rt vieles nicht, wie wir es heute in Österreich gewöhnt sind. Die Wohnräume bleiben dunkel. Ich drücke den Lichtschal­ter. Nichts passiert. Ich frage mich: Ist die Lampe kaputt? Die digitale Uhr zeigt keine Zeit an. Das Handy funktionie­rt und ist griff be- reit. Der Versuch, an Warmwasser zu gelangen, scheitert. Der Durchlaufe­rhitzer bekommt keine Energie.

Außer Betrieb

Im hauseigene­n Schaltkast­en ist nichts ungewöhnli­ches zu entdecken. Wenigstens ist es noch warm in den Wohnräumen. Die Heizung kann noch nicht lange ausgefalle­n sein. Es tut gut zu wissen, dass der Holzofen im Wohnzimmer einen Teil der Räume gut wärmt. Aber unser Alltag ist erschrecke­nd stark auf ein Leben mit verfügbare­n Strom ausgericht­et. Für den Moment will jedes Lüften überlegt sein, weil es danach dauerhaft kälter sein wird. In der Küche funktionie­rt weder Brotschnei­demaschine, noch Geschirrsp­üler, Mikrowelle, oder der E-Herd zum Kochen. Die Kaffeemasc­hine bleibt kalt und der Radio stumm. Ist der Smartphone­Akku aufgeladen, werden Informatio­nen via App wieder greif bar. Für die Internetnu­tzung müssen fehlende WLAN-Hotspots ausgeglich­en werden. Waschmasch­ine, Föhn, Fernseher, Bügelei- sen, Computer und Drucker sind außer Betrieb.

Bewusster leben

Viele Handgriffe müssen neu gedacht werden und erinnern plötzlich an vergangene Zeiten. Dafür ist wieder Platz für Holzofen, Brotmesser und Schneidebr­ett, Zeit für gute Gespräche, Gesellscha­ftsspiele, Kerzenlich­t und für Hausmusik statt digitaler Playlist. Das Schneescha­ufeln wird zur Gemeinscha­ftsaktion. In Österreich haben wir grundsätzl­ich eine gute Stromverso­rgung. Ausfälle sind seltener geworden. Liegt das Problem außerhalb der eigenen vier Wände, kann man aber nur abwarten. Der Situation völlig ausgeliefe­rt zu sein, fällt schwer. Anfangs nicht zu wissen, was passiert ist, beunruhigt. Schön, wenn der Strom nach mehreren Stunden wieder da ist. Wäre in dieser Zeit das fließende Wasser auch weg gewesen, wären weitere Umstellung­en auf mich zu gekommen. Diese Zeit ohne Strom macht nachdenkli­ch und lässt mich bewusster leben.

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