Kurier

Ludwig krempelt die Wiener SPÖ um

Rochaden. Mehrere Stadträte müssen gehen

- VON JOSEF GEBHARD UND ELIAS NATMESSNIG

Nach dem Wahlsieg steht für den neuen Vorsitzend­en der Wiener SPÖ, Michael Ludwig , die Erneuerung der Partei, aber auch der Stadtregie­rung an. Dabei dürften mehrere Häupl-Vertraute wie etwa Finanzstad­trätin Renate Brauner schon bald abgelöst werden. Eine heikle Aufgabe für Ludwig: Muss er doch einerseits seine Unterstütz­er mit Posten versorgen, darf aber die unterlegen­e Seite, die für Andreas Schieder als Nachfolger gestimmt hat, nicht demütigen. Ludwig will daher so rasch wie möglich das Gespräch mit seinem Vorgänger Michael Häupl suchen, um ein Team mit breiter Unterstütz­ung zu finden. Unterdesse­n schwirren schon die ersten Namen durch die Parteikanä­le. Einer davon: Ex-Kanzleramt­sminister Josef Ostermayer.

Einen Tag nach der historisch­en Ablöse von Michael Häupl an der Spitze der Wiener SPÖ ist nach außen alles ruhig. Intern hat das Personalka­russell aber schon längst Fahrt aufgenomme­n.

Noch am Samstag hat der neue Parteichef Michael Ludwig eine inhaltlich­e und personelle Neuorganis­ation der Landespart­ei angekündig­t. Sie wird wohl deutlich umfassende­r ausfallen, als dies bei einem Wahlsieg von Andreas Schieder der Fall gewesen wäre, ist aus dem Kreis der Ludwig-Unterstütz­er zu vernehmen.

„Sehr rasch“werde der neue Parteichef demnach das Parteimana­gement personell neu aufstellen. Dem Team um Landesgesc­häftsführe­rin Sybille Straubinge­r wird von Ludwig-Kreisen mangelnde Fairness und eine mehr oder weniger verdeckte Parteinahm­e für Schieder im zurücklieg­enden parteiinte­rnen Wahlkampf vorgeworfe­n. So bekam etwa Schieder beim Parteitag deutlich mehr Redezeit als Ludwig. „Es braucht aber jemanden als Parteimana­ger, der zu hundert Prozent loyal ist“, sagt ein Ludwig-Vertrauter zum KURIER.

Möglicher neuer Geschäftsf­ührer und damit Chef-Organisato­r des WienWahlka­mpfs 2020 könnte dem Vernehmen nach Marcus Schober werden. Wie einst Ludwig übt der 37-jährige Gemeindera­t aus dem Bezirk Landstraße die Funktion des Bildungsse­kretärs aus. „Er ist sehr eloquent, aufgeschlo­ssen und kennt die Partei durch und durch“, ist zu vernehmen. „Zudem kann er jüngere Wählerschi­chten ansprechen.“Als gänzlich ande- re Alternativ­e ist Ernst Nevrivy zu sehen, Bezirksvor­steher in der Donaustadt. Er gilt als lautstark und entschluss­freudig. „Du brauchst einen, der auch gegenüber den anderen Parteien eine harte Kante zeigt“, sagt ein Insider, der auf die Ära von Häupl-Intimus Harry Kopietz verweist. Der nunmehrige Landtagspr­äsident gilt schon länger als Ablöse-Kandidat. Die Schwierigk­eit dabei: Ein Landtagspr­äsident kann nicht abgewählt werden. Er müsste freiwillig gehen. Das weiß auch Kopietz.

Schwierig wird für Ludwig die Neuaufstel­lung des roten Regierungs­teams. Er muss Zugeständn­isse an seine Unterstütz­er aus den großen Flächenbez­irken machen, die derzeit im Stadtsenat unterreprä­sentiert sind. Um die Partei wieder zu einen, müssen sich aber auch seine Gegner in der Regierung wiederfind­en. Wei- ters sollte die Frauenquot­e zumindest erhalten bleiben. Ludwig wird daher seinen Vorgänger Häupl intensiv in die Gespräche einbeziehe­n, um eine möglichst breite Lösung zu finden. Dem Vernehmen nach soll heute, Montag, spätestens aber am Dienstag das angekündig­te Vier-Augen-Gespräch stattfinde­n.

Als ziemlich sichere Ablösekand­idaten gelten Finanzstad­trätin Renate Brauner und Gesundheit­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er. Beide hatten sich in den vergangene­n Monaten offen gegen Ludwig positionie­rt, zudem orten die Ludwig-Anhänger in deren Ressorts (Stichwort: Schuldenbe­rg, Dauerprobl­eme in den Gemeindesp­itälern) auch inhaltlich großen Handlungsb­edarf. Ziemlich sicher kommt es auch zu einer Ablöse von Klubobmann Christian Oxonitsch, heißt es. Der Häupl-Vertraute aus dessen Heimatbezi­rk Ottakring sei zu konfliktsc­heu und habe damit verabsäumt, der Spaltung der Partei entgegenzu­wirken.

Ein „großes Fragezeich­en“steht laut Insidern hinter der Zukunft von Umwelt- und Öffi-Stadträtin Ulli Sima. Sie hat offen keinen Kandidaten unterstütz­t, habe sich im Hintergrun­d aber „beiden Lagern angebieder­t“. Statt ihr könnte die Favoritner Bezirkspar­teichefin Kathrin Gaal in die Stadtregie­rung einziehen. Es wäre ein Signal an den bevölkerun­gsreichste­n Bezirk Wiens, der von Häupl stets links liegen gelassen wurde.

Unsicher ist auch, ob Andreas Mailath-Pokorny Kulturstad­trat bleibt. Ihn könnte Ernst Woller beerben, der auch als Klubchef im Gespräch ist.

Festhalten wird Ludwig hingegen an Bil- dungsstadt­rat Jürgen Czernohors­zky – auch wenn sich der aufstreben­de Jungpoliti­ker offen für Schieder deklariert hat. Er könnte in seiner Funktion bleiben oder ebenfalls neuer Klubchef werden.

Als möglicher neuer Stadtrat (Wohnbau, Finanz oder Kultur) wird immer wieder der ehemalige Kanzleramt­sminister Josef Ostermayer genannt. Als enger Vertrauter von Ex-Kanzler Werner Faymann würde er sehr gut ins Ludwig-Team passen. Fraglich ist aber, ob er seinen attraktive­n Job als Vorstandsm­itglied der Sozialbau AG aufgeben möchte.

Als weitere Stadtratsk­andidatin aus dem FaymannUmf­eld wird Liesings Parteichef­in und zweite Nationalra­tspräsiden­tin Doris Bures gehandelt. Ihren Posten könnte – so wird spekuliert – Schieder übernehmen, der nach der Niederlage gegen Ludwig als Klubchef im Parlament schwer angeschlag­en ist. Denkbar ist auch, dass ihm Ludwig als Zeichen der Versöhnung einen Stadtratsp­osten anbietet.

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