Kurier

Alexej Nawalnys großer Auftritt

Russland. Prominente­r Putin-Kritiker organisier­t landesweit Demos und wird verhaftet

- VON KAROLINE KRAUSE-SANDNER

Er hatte wohl geahnt, dass es passieren würde. Alexej Nawalny hatte am Sonntag zu einer Großdemons­tration gegen seinen Ausschluss von den Wahlen im März aufgerufen. Als er mit anderen Demonstran­ten durch die Straßen Moskaus in Richtung Zentrum zog, fuhr ein Polizeibus vor. Die Beamten mit dicken Jacken und Schlagstöc­ken näherten sich dem prominente­n Opposition­ellen und nahmen ihn ohne viel Auf hebens fest. Widerstand leistete der 41Jährige kaum.

Nicht das erste Mal

Er kennt das Prozedere, es war schließlic­h nicht das erste Mal, dass Alexej Nawalny bei einer Demonstrat­ion festgenomm­en wurde. „Das bedeutet nichts“, twitterte Nawalny (oder ein Kollege, der seinen Twitteracc­ount übernommen hat) und postete das Video von seiner Verhaftung mit den Worten: „Es hat keinen Sinn, eine Person zu verhaften, wenn es doch so viele von uns gibt. Wenn ich weg bin, wird mich jemand ersetzen.“

Alexej Nawalny ist AntiKorrup­tionskämpf­er, Blogger und der wichtigste Gegner Wladimir Putins. Auch er hat viele Feinde. Nicht nur in den Reihen der Regierungs­treuen, auch Opposition­elle sehen ihn als Gefahr: „Nawalny ist ein chauvinist­ischer Nationalis­t, kaum besser als der Kleptokrat Putin“, stößt eine junge Twitter-Userin ins gleiche Horn wie viele andere Russen an diesem Sonntag.

Doch Nawalny versteht es, medienwirk­sam aufzutrete­n. Zudem hat er in den vergangene­n Monaten offenbar eine Wahlkampfm­aschinerie im ganzen Land aufgebaut, bei der es zwar nicht in erster Linie darum geht, Wahlen zu gewinnen, die Putin aber über Jahre hinweg wehtun könnte.

Die Demos, die Festnahme, die Bilder, die Tweets – alles PR-Maßnahmen, um sei- ne Nachricht in die Welt zu bringen. Und es funktionie­rt. Am Sonntag berichtete­n etliche internatio­nale Medien von den rund 100 kleineren Demonstrat­ionen, deren Teilnehmer­zahlen unklar – oder zumindest nebensächl­ich – waren. Von wenigen Tausend war die Rede. Vor allem junge Gebildete folgten Nawalnys Aufruf.

Putin siegessich­er

Doch die Message erreichte Hunderttau­sende: Alexej Nawalny wurde im Dezember wenig überrasche­nd von den Wahlen ausgeschlo­ssen, die am 18. März stattfinde­n sollen. Der Grund: eine Bewährungs­strafe wegen Betrugs. Nun, so Nawalny, nähmen nur noch Putin „und die von ihm handverles­enen Kandidaten“an der Wahl teil.

Am Ergebnis der Präsidente­nwahlen wird die Aktion Nawalnys an diesem Sonntag wenig ändern. Möglicherw­eise schafft er es, die Wahlbeteil­igung niedrig zu halten. Ein Sieg und damit eine vierte Amtszeit für Putin, der seit 2000 – mit vier Jahren Unterbrech­ung – Staatschef ist, gilt aber als sicher.

 ??  ?? Tausende Putin-Gegner kamen zum „Streik der Wähler“und demonstrie­rten gegen die Wahlen im März
Tausende Putin-Gegner kamen zum „Streik der Wähler“und demonstrie­rten gegen die Wahlen im März
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Festnahme: Nawalny wird auf dem Weg zur Demo verhaftet

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