„Ohne Miteinander droht Europa Untergang“
Gegenwind. WKO-Chef Leitl klagt über Nationalismus in der EU und Populismus gegen Freihandel
Christoph Leitl trauert dem geplatzten Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA nach. „Es ist populistisch, den Leuten Angst einzureden, damit diese gegen Freihandelsabkommen sind“, sagt der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich im KURIER/SchauTV-Talk mit KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter. Die EU hätte mehr Vorteile als die USA gehabt, mit US-Präsident Donald Trump sei das Abkommen vom Tisch – zum Nachteil für die EU und Österreich. „Freihandel ist wichtig, weil die Weltmärkte boomen“, sagt Leitl. Chinas Wirtschaft lege um sechs Prozent zu, jene der USA um 2,5 Prozent, da brauche Europa Zugänge. Die EU müsse dynamischer werden und eine stärkere Währungs- und Fiskalpolitik betreiben. „Nur noch sieben Prozent der Weltbevölkerung sind Europäer“, sagt Leitl. Die dürften sich nicht aufsplitten. Europa müsse sich wirtschaftspolitisch besser koordinieren, den Euro stärken und gegen Spekulationen schützen. Der EU schade es, wenn Mitglieder nationalistischen Tendenzen fol- gen, es brauche ein Mit- statt ein Nebeneinander. „Wenn wir nicht zu einem gemeinsamen Willen kommen, werden wir untergehen“, so Leitl.
Er selber ist noch zwei Jahre Chef der Europäischen Wirtschaftskammern Eurochambres und will in dieser Funktion unter anderem einen wirtschaftsorientierten Brexit unterstützen. Seine Übergabe an seinen Nachfolger Harald Mahrer wird in der Wirtschaftskammer fließend und bis Jahresende erfolgen. Die 20 Prozent Budgeteinsparungen, die die Kammer erreichen will, seien ambitioniert, aber machbar. 140 Millionen Euro sollen jährlich eingespart werden, davon sollen 100 Mio. den Mitgliedern zu Gute kommen und 40 Mio. für neue Services verwendet werden.
Mit den Bildungsplänen der Regierung ist Leitl zufrieden. Dass ein Pflichtschulabschluss nicht an Jahre, sondern an ein Bildungsniveau geknüpft werde, sei für die Wirtschaft wichtig.