Szenische Fadesse im Serail
Mozartwoche. Die Oper zur Eröffnung scheiterte, Geiger Renaud Capucon faszinierte tags darauf
Bassa Selim und sein Schicksal stehen bei Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“bei der Salzburger Mozartwoche im Mittelpunkt der Inszenierung von Andrea Moses. Der Bassa ist hier ein Filmregisseur, der seine westliche Heimat verließ, in die Türkei auswanderte und zum Islam konvertierte, weil ihm die Frau ausgespannt wurde, wie ein Film zu Beginn zeigt.
Dieses Trauma versucht er nun mit seinem neuen Film aufzuarbeiten. Dass ihm der Sohn seines Feindes und dessen Braut in die Hände gefallen sind, ist ihm sehr willkom- men. Trotzdem muss er sein Scheitern erkennen. Sein finales Nachgeben – der Bassa wird von Peter Lohmeyer etwas zu exaltiert und manieriert gespielt – erfolgt nicht aus menschlichen Gründen, sondern aus Zorn mangels anderer Möglichkeit: So aber kommt auch die zutiefst humanistische und verzeihende Botschaft des Singspiels nicht über die Rampe.
In die Länge gezogen
Nicht nur an ihrer Konzeption scheitert die deutsche Regisseurin: So nerven die unnötig langen Kunstpausen, die sehr „deutsch“klingenden, aktualisierten Dialoge, denen es wie dem gesamten Spiel an Witz und Charme mangelt. Damit und mit billigen Slapsticks walzt sie das Stück auf 3 ½ Stunden aus und erzeugt Fadesse- Daran kann auch das ästhetische, wie ein fliegender Teppich schwebende Serail (Jan Pappelbaum) nichts ändern.
Das jung besetzte Sängerensemble kann durchaus punkten: Eine Ausnahme davon ist Robin Johannsen in der Rolle der Konstanze, deren Sopran doch zu leichtgewichtig erscheint. Über einen schönen Tenor verfügt Sebastian Kohlhepp (Belmonte). Koloraturensicher hört man Nikola Hillebrand (Blonde). Julian Prégardien (Pedrillo) ist einmal kein leichtgewichtiger Buffo. David Steffens ist ein junger Osmin mit pro- funder Tiefe und Volumen. Vortreff lich singt der Salzburger Bachchor.
Mit rasanten Tempi und reichen Akzenten hört man die Akademie für Alte Musik Berlin unter René Jacobs. Zu kurz kommt die emotionale Innigkeit, zu viel sind die die Dialoge untermalenden zusätzlichen, musikalischen Effekte und Musikstücke von Mozart. Jubel für Dirigent und Sänger, viele Buhs für die Regisseurin!
Konzert brillant
Der Solopart gilt als einer der technisch schwierigsten der gesamten Konzertliteratur – doch scheinbar nicht für Renaud Capuçon: Er musizierte am Samstag im Gro- ßen Festspielhaus Edvard Elgars einziges Violinkonzert mühelos und mit wunderbarem Ausdruck im Andante, dem Herzstück des Werkes. Die gewünschte spätromantische Emphase und das Pathos wird auch von den Wiener Philharmonikern, erstmals unter Robin Ticciati, wiedergegeben.
Schließlich erlauscht man Mozarts letzte Symphonie, die „Jupiter“. Mit höchster Hingabe und sorgsamer Dynamik gesteuert, erlebt man sie als Höhepunkt Mozartscher Sinfonik im lichten Glanz, voll dynamischer Kontraste, mit höchster Klangqualität und großer Spielfreude.