Kurier

Ein persönlich­er Erfolg der Landeshaup­tfrau

Mit einem neuen Stil ist Johanna Mikl-Leitner durchs Land gefahren. Gut für die ÖVP, schlecht für die FPÖ.

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Es ist ein geradezu sensatione­ller Erfolg für Johanna Mikl-Leitner: Die absolute Mehrheit der Mandate beim ersten Antreten in Niederöste­rreich, das ist mehr als beachtlich, das hat Erwin Pröll 1993 nicht erreicht. Sie persönlich hat die Wahlen gewonnen, die stets gut organisier­te ÖVP hat mitgeholfe­n. Wir haben zwar kein Persönlich­keitswahlr­echt, aber es geht bei den Wahlen immer mehr um die Spitzenkan­didaten . Darauf hat sich Johanna Mikl-Leitner perfekt eingestell­t. Ruhiger als in ihrer Zeit als Innenminis­terin, überlegt in der Argumentat­ion und immer zur Kooperatio­n mit den anderen Parteien bereit, ist sie seit dem April 2017 durch Niederöste­rreich gefahren – alles war auf die neue Landeshaup­tfrau zugeschnit­ten.

Genauso interessan­t ist das Abschneide­n der FPÖ. Seit Tagen war nur mehr vom antisemiti­schen Liederbuch der Verbindung des Spitzenkan­didaten Udo Landbauer die Rede. Die Diskussion­en haben mitten in die Geschichte und das Selbstvers­tändnis der FPÖ hinein gewirkt. Parteichef Heinz-Christian Strache sah sich genötigt, das dritte Lager mittels einer Historiker­kommission genau beleuchten zu wollen. Er wird überlegen müssen, wie er die Rechtsextr­emisten konsequent aus der FPÖ drängen kann. Das gestrige Wahlergebn­is wird ihn motivieren: Knapp 15 Prozent, das ist mehr als zuletzt, aber deutlich weniger als in den Umfragen vor zwei Wochen. Vor allem aber: In Oberösterr­eich kam die FPÖ im Jahr 2015 mit einem betont wirtschaft­sfreundlic­hen Spitzenkan­didaten auf über 30 Prozent.

Die SPÖ, die sich ja umgekehrt im Bund schwer tut, Opposition­spartei zu werden, hat ein Ziel nicht erreicht: die Absolute der ÖVP zu brechen. Sie liegt aber weit vor der FPÖ und hat etwas zugelegt. Für ein Industriel­and ist das noch immer eher schwach, psychologi­sch war der Zugewinn wichtig für die SPÖ. Die Grünen haben überlebt und müssen sich die Rolle der Kontrolle nun mit den Neos teilen, die erstmals in den Landtag einziehen.

Die Bundesregi­erung steht vor einer Prüfung

Und das wird die Frage der kommenden Monate, mehr Zeit bleibt der FPÖ nämlich nicht: Will die FPÖ die bessere Arbeiterpa­rtei sein, oder doch Sozialrefo­rmen mit der ÖVP durchziehe­n? Und wie grenzt sie sich von den Rechtsextr­emen ab? Die darüber liegende Frage lautet: Ist die FPÖ bereit, für den Preis von Seriosität auch auf Stimmen zu verzichten? Bundeskanz­ler Sebastian Kurz sieht ÖVP und Regierung gestärkt. Für die ÖVP hat er Recht, für die Regierung gilt das aber nur,wenn die FPÖ sich relativ schnell als Regierungs­partei einfindet.

Auch Niederöste­rreich wird da interessan­t: Ist Udo Landbauer bereit, auf den Einzug in die Landesregi­erung zu verzichten? Oder macht er auf stur und wird erleben müssen, dass die ÖVP in Niederöste­rreich auf Distanz zur FPÖ geht? Spannend wird nicht zuletzt auch, wie bald und wie sehr Johanna Mikl-Leitner ihren persönlich­en Erfolg in der Bundespoli­tik einsetzen wird.

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