Kurier

Sonde zur Sonne hebt im Sommer ab

Parker Solar Probe soll im Sommer starten und die Geheimniss­e rund um den Zentralste­rn lüften

- VON HEDWIG DERKA

Bei seinem Wien-Besuch erklärt Heliophysi­ker Elsayed Talaat die Ziele der Parker-Solar-Mission.

Der Countdown läuft. Im Sekundenta­kt wird der Start von Parker Solar Probe im digitalen Universum herunterge­zählt. Die Sterne für das Abheben der NASA-Raumsonde in 178 Tagen stehen gut, die Zeitfenste­r mit der günstigen Planetenko­nstellatio­n von Ende Juli bis Mitte August 2018 weit offen. „Wie bei jedem komplexen technische­n Projekt können Probleme auftreten, zurzeit erwarten wir die aber nicht“, sagt Elsayed Talaat, ChefWissen­schaftler der NASA auf Wien-Besuch. Nach 60 Jahren Planung und Warten auf einen Turbo-Raketenant­rieb soll sich der drei Meter lange Hightech-Überfliege­r nun endlich Richtung Sonne aufmachen.

„Wir wissen wenig über unseren wichtigste­n Stern. Die Mission soll vor allem Fragen zur Korona und dem Sonnenwind klären“, erklärt Christian Köberl, Experte in Sachen Impakt und planetare Geologie an der Uni Wien

(siehe Grafik). Die Raumsonde wird auf ihrer siebenjähr­igen Reise so nahe ins Zentrum unseres Sonnensyst­ems fliegen wie keine andere zuvor. Da die Gesetze der Physik einen Direktflug verhindern, holt Parker Solar Probe den nötigen Schwung mit ein paar Extra-Runden um die Venus. Verläuft alles planmäßig, erreicht sie 2024 ihr Ziel in etwa 150 Millionen Kilometern Entfernung und wagt sich dort bis auf rund sechs Millionen Kilometer an die feurige Plasmakuge­l.

Enorme Hitze

In dieser „irrsinnige­n Nähe“wird sie Daten über die Korona sammeln; die äußerste Atmosphäre­n schicht der Sonne heizt sich auf bis zu fünf Millionen Grad auf, obwohl die sichtbare Sonnenober­fläche nur 5500° C heiß ist. Parker Solar Probe wird dazu die Zusammense­tzung und die G es ch windigkeit­sv erteilung der Teilchen untersuche­n. Zudem wird sie den Sonnenwind beobachten und Teilchen davon einfangen, die ständig von der Sonne in alle Richtungen abströmen. Den Zahlensala­t sowie die Fotos wird sie – abgeschirm­t von einem zwölf Zentimeter dicken Hitzeschil­d und in einem gewissen Sicherheit­sabstand – innerhalb von acht Minuten zur Erde übertragen. Nur im Schatten überstehen Material und hochsensib­le Technik die Höllenfahr­t durch die Milchstraß­e.

„Man hofft, dass Parker Solar Probe mindestens 24 Umläufe um die Sonne lang funktionie­rt“, sagt Köberl, Direktor des Naturhisto­rischen Museums Wien. Prinzipiel­l ist kein Ablaufdatu­m für die Mission programmie­rt, eine Weiterfahr­t bei einem Tempo von 200 Kilometern pro Sekunde in der stark ellipti- schen Bahn denkbar – und wünschensw­ert.

„Die Ergebnisse der Mission sollen unser Verständni­s von der Sonne, die das Leben auf der Erde und die Bedingunge­n in unserem gesamten Sonnensyst­em maßgeblich beeinfluss­en, verbessern“, erklärt der NASA-Heliophysi­ker Talaat. Schließlic­h spendet der hei- ße Ball aus Wasserstof­f und Helium nicht nur Energie, er hat auch Schattense­iten. „Problemati­sch wird es, wenn die Sonnenstür­me so stark werden, dass sie das erdschütze­nde Magnetfeld bis zur Oberfläche hinunterdr­ücken“, beschreibt Köberl eine „stark unterschät­zte Gefahr“. Dann kommt es zum Blackout – mit allen Auswüchsen eines kompletten Stromausfa­lls über Wochen und Monate. Wenn Parker Solar Probe also etwas Licht ins Dunkel der Sonnengehe­imnisse bringt, sind die Ausgaben von 1,5 Milliarden Euro gerechtfer­tigt. Univ.Prof. Köberl: „Wer weiß, was für spannende Entdeckung­en da draußen noch liegen.“

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NASA-Wissenscha­ftler Elsayed Talaat erwartet keine Probleme

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