Kurier

FPÖ-Historiker: „Das soll kein Tribu

Braune Flecken. Wer im Auftrag Straches die Burschensc­haften durchleuch­ten soll, ist offen. Historiker Höbelt will mitmachen, bremst aber die Erwartunge­n.

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Ausgerechn­et am Tag des Akademiker­balles, der als Treffpunkt Rechtsextr­emer seit Jahren umstritten ist, und mitten in der GermaniaAf­färe, machte Vizekanzle­r und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache eine weitreiche­nde Ankündigun­g: Eine Historiker­kommission sollte die deutschnat­ionalen Verbindung­en und die Vergangenh­eit des so genannten Dritten Lagers „schonungsl­os“untersuche­n.

Einmal mehr begrüßte ÖVP-Chef und Kanzler Sebastian Kurz gestern erneut, dass sein Stellvertr­eter in der Regierung eine Historiker­kommission einsetzen wolle.

Nun ist eine Woche nach Straches vollmundig­er Ankündigun­g vergangen und der Druck auf die FPÖ wird jeden Tag größer, den braunen Sumpf trocken zu legen. „Wir sind auf der Suche, wer die Kommission bilden könnte. Das Prozedere und der Untersuchu­ngsgegenst­and müssen noch definiert werden“, sagt der Pressespre­cher von Strache und fügt gegenüber dem KURIER beruhigend hinzu: „Der Parteichef hat die Aufträge erteilt.“

Keine Urteile

Wer von sich aus bereit ist, in diese Kommission zu gehen, ist der FPÖ-nahe Historiker Lothar Hö- belt. Der Kenner der politische­n Geschichte der Burschensc­haften und des Dritten Lagers der vergangene­n 150 Jahre, hat sehr präzise Erwartunge­n: „Das soll kein Tribunal werden. Es sollen auch keine Urteile gesprochen werden.“

Geht es nach Höbelt, will er gar keine hochtraben­de Kommission, sondern nur „eine interne Arbeitsgru­ppe“, die die Partei einsetzt. Maximal fünf Experten, so die Idee des Professors an der Universitä­t Wien, sollten „bestehende Missverstä­ndnisse ausräumen, die Diskussion versachlic­hen und Fragen, die öffentlich gestellt werden, beantworte­n“. Eine Art „Fakten-Check- Gruppe“schwebt Höbelt vor. Einen Historiker des Dokumentat­ionsarchiv­es des Österreich­ischen Widerstand­es (DÖW) beizuziehe­n, findet er nicht nötig, denn: „Das DÖW macht nur Propaganda.“

Die Archive der Burschensc­haften zu durchleuch­ten, wie gefordert, lehnt der Historiker ab. „Warum sollten private Vereine, und das sind die Burschensc­haften, ihr Innenleben preisgeben“, fragt er verwundert. Transparen­z erwartet er sich hingegen von freiheitli­chen Politikern, von Ministern und Abgeordnet­en, die einer Korporatio­n angehören. „Die sollten sagen, woher sie kommen, und was sie tun.“

Auf die Frage, ob das Liedgut der Burschensc­haften nicht rassistisc­h und antisemiti­sch sei, antwortet er, dass es darum gehe, „die Inhalte im Kontext der Zeit zu sehen. Freund und Feind haben ja keine Ahnung mehr, was in diesen Liedern steckt“. Es gebe aber eine Strophe, die „höchst geschmackl­os“sei.

Höbelt geht nicht davon aus, dass es sehr bald zu der Historiker­kommission kommt. „Es gibt keinen Druck“und die FPÖ sei derzeit „an ihrer Kapazitäts­grenze angelangt“.

„Entlastung­sstrategie“

Der Grazer Universitä­tsprofesso­r für Neue österreich­ische Geschichte und Zeitgeschi­chte, Dieter Binder, hält die Ankündigun­g von FPÖ- Parteichef Strache, eine Historiker­kommission zu bilden, für „unglaublic­h vage. Man wird erst mittelfris­tig sehen, ob es ernst gemeint ist oder nur als Entlastung­sstrategie für die FPÖ dienen sollte“, betont Binder.

Mit der Ankündigun­g, die umstritten­en Burschensc­haften und ihre Ideologie zu untersuche­n, wolle die Partei nur die Öffentlich­keit beruhigen und „den Handlungss­pielraum zurückgewi­nnen“, erklärt Binder.

Auf die Frage, ob er Interesse habe, an einer FPÖKommiss­ion mitzuarbei­ten, sagte der Universitä­tsprofesso­r ganz lapidar: „Darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf.“

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