Kurier

„Da hätte ich weinen können“

Oliver Marach verrät, was ihn in den Minuten des Triumphes bewegt hat, und er spricht über Verletzung­en, Stress und den Tennis-Daviscup.

- VON HARALD OTTAWA

Aufgeweckt und auch wieder halbwegs ausgeschla­fen präsentier­te sich Australian­Open-Sieger Oliver Marach gestern im St. Pöltener Landhaus. Nach der Auslosung für das Daviscup-Heimspiel gegen Weißrussla­nd (Freitag ab 15 Uhr, Samstag ab 13 Uhr) blickt der 37-jährige Grazer Doppelspez­ialist noch einmal auf seinen Triumph bei den Australian Open zurück und die anstrengen­den Stunden danach.

KURIER: Wie geht’s Ihnen nach dem Sieg bei den Australian Open? Zum Feiern blieb nicht viel Zeit, oder? Oliver Marach:

Nein, überhaupt keine. Es war turbulent. Nach dem Doppelsieg am Samstag hatten wir danach noch Medienterm­ine, erst gegen 5 Uhr war ich im Appartemen­t. Nach zwei Stunden Schlaf hat es am Sonntag wieder Medienterm­ine gegeben, um 22 Uhr ging dann der Flieger. Und kaum bin ich angekommen, bin ich zur Untersuchu­ng an den Chiemsee gefahren. Mittlerwei­le geht es schon besser, bis Samstag ist der JetLag weg. Von Mittwoch auf Donnerstag habe ich erstmals mit Schlaftabl­etten auch gut geschlafen. Aufgrund der stressigen Stunden habe ich den Grand-Slam-Titel noch nicht richtig realisiert.

Nach dem Wimbledon-Finale 2017 sind Sie ja in irgendeine­r Burrito-Bude gelandet ...

Ja, das war lässig damals in London, die haben uns ein Ständchen gespielt. Dieses Mal war auch deshalb nichts möglich, weil mein Partner Mate Pavic am Sonntag auch noch das Mixed spielte (und

gewann; Anm.). Ich habe im Flugzeug nur ein Glas Rotwein getrunken, aber nur, damit ich besser schlafen kann.

Wann wird der Triumph mit der Gattin und den zwei kleinen Töchtern gefeiert? Sie leben ja alle zusammen in Panama.

In den unmittelba­ren Minuten des Sieges hätte ich weinen können, weil ich so gerne meine Töchter (fünf bzw. zwei Jahre; Anm.) auf den Platz geholt hätte. Sie werden es nicht glauben, aber ich habe meine Familie seit 25. Dezember nicht gesehen. Nach dem Daviscup besuche ich Mate in Zagreb, da wird nachgefeie­rt, dann spielen wir in Rotterdam und dann gibt es in Panama ein Wiedersehe­n mit der Familie. Ich nehme alle dann auch mit zum Turnier nach Acapulco.

Ein dickes Programm. Dabei sah es ja in der Vorbereitu­ng nicht gut aus nach ihren Rückenprob­lemen. Alles wieder okay?

So gut wie. Im Dezember habe ich zwei Mal trainiert, war nur auf Reha und beim Arzt, ein gute Vorbereitu­ng sieht anders aus. Ich habe mich untersuche­n lassen, warum ich so oft verletzt bin. Seitdem mache ich eine Pilzkur, jetzt sieht es besser aus. Umso erstaunlic­her ist, dass wir Geschichte geschriebe­n haben. Noch kein Doppel hat jemals zu Saisonbegi­nn zwei Turniere und dann noch in Melbourne gewonnen.

Schon vor der Verletzung ging es aufwärts. Machen Sie etwas anders als früher?

Mate und ich haben seit Herbst mit John Farrington ein eigenen Trainer. Mit ihm haben wir noch kein Spiel verloren. Er hat uns auch Vertrauen in unsere Stärken gegeben, uns noch besser gemacht. Zudem passen Pavic und ich perfekt zusammen.

Sie waren ja wie Pavic auch als Einzelspie­ler gut. Viele meinen, Sie hätten es in die Top 50 schaffen können. Warum hat es nicht geklappt?

Ich weiß nicht, ob ich es geschafft hätte. Ich war mental nicht so stark, auf der anderen Seite auch oft verletzt. Irgendwann hätte ich es dann nicht mehr geschafft.

Bandscheib­en, Handgelenk­e und vieles mehr. Und trotzdem ging es doch immer weiter ...

Glauben Sie mir, ich dachte oft ans Auf hören. Aber gerade deshalb habe ich noch mehr trainiert. Ich habe nie aufgegeben. Und das macht sich jetzt mit 37 bezahlt.

Im September haben Sie ver- letzungsbe­dingt im Daviscup gefehlt, jetzt sind Sie wieder dabei. Ein besonderes Gefühl?

Ich spiele immer gerne für Österreich, deshalb hat es mir im September extrem leid getan, dass ich kurzfristi­g absagen musste. Ich freue mich auf das Tennis-Fest.

Sie bilden mit Philipp Oswald ein Duo. War er Ihr Lieblingsp­artner für Samstag?

Ich bin in Melbourne mit Ossi und Alex Peya zusammenge­sessen, wir haben untereinan­der ein sehr gutes Verhältnis. Und dann haben wir entschiede­n, dass Ossi spielt, weil er ein besseres Ranking hat. Außerdem hat er heuer auch schon gute Ergebnisse gehabt.

 ??  ?? Gesprächig: Der Steirer Oliver Marach (rechts) bildet mit dem Kroaten Mate Pavic (links) eine Erfolgspaa­rung – am Samstag muss der Australian-Open-Sieger mit Philipp Oswald für Österreich im Daviscup ran
Gesprächig: Der Steirer Oliver Marach (rechts) bildet mit dem Kroaten Mate Pavic (links) eine Erfolgspaa­rung – am Samstag muss der Australian-Open-Sieger mit Philipp Oswald für Österreich im Daviscup ran

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