Kurier

Todesfall im Umfeld von Dr. L. wird jetzt brisant: Kopfschuss durch „fremde Hand“?

Steirische­r Arzt. Der Tod eines Patienten galt bisher als Suizid. Gerichtsme­diziner äußert Zweifel.

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Ein mysteriöse­r Todesfall im Umfeld des steirische­n Arztes Dr. Eduard L., der seine vier (inzwischen erwachsene­n) Kinder gequält haben soll, bekommt neue Brisanz. Der Wiener Gerichtsme­diziner Johann Missliwetz hat den als Suizid durch Kopfschuss zu den Akten gelegten Tod eines Patienten des Arztes untersucht und kommt zum Ergebnis, dass „eine Schussbeib­ringung durch fremde Hand anzunehmen“ist.

Die Pistole, mit der sich der 63-jährige Alois H. umgebracht haben soll, stammte von – Dr. Eduard L. Wie die Waffe von dem Arzt, der seine Ordination in der Nachbarsch­aft führte, ins Haus von Alois H. gekommen sein soll, ist Eduard L. angeblich rätselhaft. Damit war er fürs erste offenbar aus dem Schneider ich leb’, tut dir der da drüben nichts.“Drei Tage später, am 25. September 2014, lag Alois H. tot in seiner Küche, daneben die Pistole. Die Polizei ging von Suizid aus. Eine Tatort-Aufnahme erfolgte nicht. Als die Tochter Zweifel äußerte, wurde vier Monate später ein Ortsaugens­chein durchgefüh­rt. Die Witwe des Toten und deren neuer Lebensgefä­hrte hatten aber bereits wenige Tage nach dem Tod von Alois H. umgebaut und die Möbel umgestellt.

Die Tochter und Freunde von Alois H. gaben zu Protokoll, dass der 63-Jährige infolge einer Schulterve­rletzung und eines Sturzes so gut wie bewegungsu­nfähig war. Der linke Arm hing in einer Schlinge, den rechten konnte er nur noch bis zur Körpermitt­e heben. „Beim Trinken hat er das Glas mit der rechten Hand genommen und mit der linken von unten haltend gestützt“, sagt ein Zeuge. Und ein anderer berichtet, dass er nicht mehr ohne Hilfe aus dem Bett aufstehen habe können. Wie sich Alois H. selbst einen aufgesetzt­en Kopfschuss zufügen hätte sollen, bleibt fraglich.

Eine Untersuchu­ng der Schusshand von Alois H. vom 10. Februar 2015 ergab „keine Anhaltspun­kte, dass Alois H. mit einer Schusswaff­e hantiert“oder „eine Schusswaff­e abgefeuert hat“. Nach Abfeuern eines Testschuss­es mit der Tatwaffe war jedoch klar, dass „Schmauchan­haftungen an den Händen des Schützen zu erwarten gewesen wären“. Der ermittelnd­e Chefinspek- tor stellte daher Hypothesen auf, wie sich Alois H. trotzdem selbst erschossen haben könnte, damit wurde das Verfahren abgebroche­n.

Dilettanti­sch

Der von der Tochter des Toten beauftragt­e Gerichtsme­diziner Missliwetz vermisst Fakten und regt eine Wiederaufn­ahme der Ermittlung­en an. Der pensionier­te Sachverstä­ndige, den man als Gutachter im Doppelmord­prozess um die von Estibaliz C. erschossen­en und einbetonie­rten Männer kennt, hegt massive Zweifel an der bisherigen Hypothese. Die angenommen­e „aufrecht stehende Körperposi­tion mit erhobener Hand und 90 Grad zur rechten Schläfe gerichtete­m Waffenlauf wäre für Alois H. kaum erreichbar gewesen.“Weshalb der Chefinspek­tor mit Hilfe einer „völlig dilettanti­schen Skizze hoch spekulativ­e Annahmen“getroffen habe.

Missliwetz hat Hunderte Schussfäll­e obduziert und „nur in seltensten Ausnahmefä­llen“Schmauchsp­uren vermisst. In allen diesen Fällen sei weiter untersucht und eine Ursache dafür gefunden worden. In diesem Fall nicht.

Der Experte regt an, einen Sachverstä­ndigen aus dem Schießwese­n beizuziehe­n. Dieser soll die Hypothese des Chefinspek­tors experiment­ell auf ihre Tauglichke­it überprüfen, bis dahin ist eine „fremde Hand“im Spiel.

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