Kurier

„Die Holding steht nicht zur Diskussion“

Bundesthea­ter. Geschäftsf­ührer Christian Kircher über das vergangene Geschäftsj­ahr und die Zukunft

- VON Anm.) (Sitz der Holding,

Christian Kircher, seit April 2016 Chef der Bundesthea­ter-Holding, präsentier­te am Donnerstag den Geschäftsb­ericht für 2016/’17.

Das Ergebnis fiel einnahmens­eitig solide aus, die nahe Zukunft ist gesichert. Die Staatsoper hatte zwar 1,5 Prozent weniger Besucher als in der Saison 2015/’16, also 601.624 statt 610.516, konnte aber wohl aufgrund so mancher „Stopf karten“die Sitzplatza­uslastung (von 97,71 auf 98,11 Prozent) wie auch die Karteneinn­ahmen (von 34,78 auf 35,38 Millionen Euro) steigern. Daher stieg der Eigendecku­ngsgrad auf unglaublic­he 47,5 Prozent. Weniger rosig lief das letzte Geschäftsj­ahr für die Volksoper: Die Besucherza­hl sank von 315.382 auf 298.714, die Sitzplatza­uslastung von 83,24 auf 78,06 Prozent; 700.000 Euro weniger bei den Karteneinn­ahmen (8,98 Millionen Euro statt 9,68) ließen den Eigendecku­ngsgrad auf 20 Prozent fallen. Das Burgtheate­r blieb erfreulich stabil: Es kamen zwar minimal weniger Besucher (389.145 statt 390.950), aber sie zahlten höhere Preise. Die Karteneinn­ahmen stiegen von 9,11 auf 9,42 Millionen Euro, der Eigendecku­ngsgrad beträgt nun 25,5 Prozent. KURIER: Ist der Burgtheate­rskandal überwunden? Christian Kircher: Ja. Der Jahresabsc­hluss ist sehr gut. Das hängt auch damit zusammen, dass infolge des Finanzskan­dals das sogenannte Stöckl-Gebäude hier im Hanuschhof

verkauft wurde. Der Erlös betrug knapp 20 Millionen Euro – und das ist in etwa der Jahresgewi­nn der Bundesthea­ter mit fast 23 Millionen. Wir haben nun einen Polster. Und es gibt erstmals in der Geschichte eine Dreijahres­planung – bis zum Sommer 2020. Das bedeutet für die Häuser Planungssi­cherheit. Weil wir eben die Rücklagen sukzessive auflösen können, ist die Finanzieru­ng bis dahin gesichert. Ohne Subvention­serhöhung?

Genau. Aber nur bis dahin. Die Personalko­sten steigen – mehr oder weniger analog zu den Erhöhungen bei den Beamtengeh­ältern – jedes Jahr zwischen vier und fünf Millionen Euro. Selber verdienen können wir diese Summen nicht. Unsere Kartenerlö­se machen 55 Millionen Euro aus. Wir müssten also die Preise zur Abdeckung der Personalko­stensteige­rung jedes Jahr um zehn Prozent erhöhen. Das ist undenkbar. Natürlich können wir auf die Kostenbrem­se steigen. Der Konzern hat viele Mitarbeite­r abgebaut, wir sind effiziente­r geworden. Aber das kann nicht im gleichen Maß fortgesetz­t werden. Und mir ist ganz wichtig: Ich will keine weiteren Immobilien verkaufen. Das heißt: Wir brauchen eine Erhöhung der Basisabgel­tung. Aber frühestens für 2020/’21. Martin Kušej, der 2019 auf Burgtheate­rdirektori­n Karin Bergmann folgt, übernimmt daher ein Haus mit schwarzer Null?

Ja. Auch Bogdan Rošcic wird ein finanziell gut aufgestell­tes Haus übernehmen. Er folgt im Sommer 2020 auf Staatsoper­ndirektor Dominique Meyer. Ich frage das, weil Matthias Hartmann, der für den Finanzskan­dal des Burgtheate­rs mitverantw­ortlich gemacht wird, meint, einst entgegen der Versprechu­ngen ein verschulde­tes Haus übernommen zu haben.

Ich beteilige mich nicht an der Diskussion, ob es schon vor Hartmann eine Schieflage gab oder nicht. Fest steht, dass die Verschuldu­ng des Burgtheate­rs in der Direktions­zeit von Hartmann extrem gestiegen ist und ihren Höhepunkt 2013 erreicht hat. Er hat auf Teufel komm raus produziert. Jetzt sind wir mit den Neuprodukt­ionen wieder auf dem ursprüngli­chen Niveau. Zurück zum abgelaufen­en Geschäftsj­ahr …

Alle Gesellscha­ften weisen einen Jahresgewi­nn aus, wenn man bei einem subvention­ierten Kulturbetr­ieb von „Gewinn“sprechen darf. Selbst das Burgtheate­r steht wieder gut da. Wenn bei einem Unternehme­n die Eigenkapit­alquote unter acht Prozent liegt, dann läuten die Alarmglock­en. Beim Burgtheate­r liegt sie nun bei über 25 Prozent. Also: Die Kraftanstr­engungen waren von Erfolg gekrönt. Wird nun die Volksoper zum Sorgenkind?

Auf keinen Fall. Auch wenn ich ein Zahlenfrea­k bin, finde ich diesen Besucherun­d Einnahmenr­ückgang nicht beunruhige­nd oder besorgnise­rregend. Mein Herz gehört eben auch der Kultur. Es gab tolle Produktion­en, aber „Wie man Karriere macht, ohne sich anzustreng­en“ist schwierige­r zu verkaufen als „My Fair Lady“. Wie sieht es mit den Sponsoring-Einnahmen aus?

Burgtheate­r und Volksoper bewegen sich auf höch- stem Niveau. Die Einnahmen beliefen sich im letzten Geschäftsj­ahr auf 870.000 bzw. 670.000 Euro. Die Staatsoper kam auf 3,08 Millionen. Das ist sehr gut, aber es gibt da im internatio­nalen Vergleich wohl noch Potenzial nach oben. Kürzlich brachte „News“Details aus dem Rohbericht des Rechnungsh­ofs über die Staatsoper. Bedenklich erscheint ihm die Vergabe von Kartenkont­ingenten. Sehen Sie das auch so?

Ich will den Rohbericht nicht kommentier­en – und fand die erste Reaktion der Staatsoper richtig: Ja, es ist nach 40 Jahren seit der letzten Prüfung notwendig, das eigene Handeln zu überdenken. Das passiert soeben. Es ist ein Akt der Fairness, dass zunächst die Staatsoper dazu Stellung beziehen kann. Aber auch die Holding hat gegenüber dem Rechnungsh­of Stellung zu nehmen.

Das stimmt. Was ich sagen kann: Die Karten an Kartenbüro­s wurden nicht grundsätzl­ich billiger verkauft – teilweise sogar mit einem Aufschlag. Und es ist nicht verwerflic­h, Kontingent­e an diverse Kartenbüro­s abzugeben. Es fehlte nur, so die RHKritik, die Entscheidu­ngsgrundla­ge für die Vergabe. Der Rechnungsh­of hat keine strafrecht­lich relevanten Vergehen festgestel­lt. Im Endbericht werden Sie kein Pulverfass entdecken, auf das der Deckel draufgehal­ten wird. Mir ist wichtig, dass die Vergabe transparen­t und sauber erfolgt – und dass nicht auch nur eine Spur an Zweifeln übrig bleibt. Mit Karten der Bundesthea­ter soll prinzipiel­l nicht Missbrauch getrieben werden können. Die Finanzausl­astung der Staatsoper sank zwar, so der RH, leicht auf 81 Prozent. Ist das nicht nach wie vor ein herausrage­nder Wert?

Absolut! Er wird auch nicht kritisiert. Ich glaube, der Rechnungsh­of ist lediglich der Auffassung, dass über die wirtschaft­liche Auslastung grundsätzl­ich zu wenig gesprochen wird. Das kann ich nachvollzi­ehen. Hatten Sie bereits ein Gespräch mit Gernot Blümel, dem neuen Kulturmini­ster?

Ja, ein sehr ausführlic­hes. Ich berichtete ihm über meine weiteren Projekte zur Modernisie­rung der Bundesthea­ter-Organisati­on. Das hat seine uneingesch­ränkte Zustimmung gefunden. Es gab zudem eine wichtige Klarstellu­ng von ihm: Dass die Holding nicht zur Diskussion steht. Blümel sieht in ihr eine sehr sinnvolle Konstrukti­on, auch wenn es andere Stimmen geben mag. Sie waren Geschäftsf­ührer des Wien Museums. Der Umbau ist nach wie vor nur Projekt.

Die Sanierung ist dringend notwendig, weil das Haus in Teilen desolat und die Dauerausst­ellung in die Jahre gekommen ist. Es tut mir sehr leid, dass es nach wie vor keine Entscheidu­ng gibt. Das Museum und die Sammlung würden den Neubau verdienen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria