Tribut an den wichtigsten Popkünstler Österreichs
Vorab gesehen. Anlässlich des 20. Todestags von Falco gibt es heute ein Tributkonzert im ORF-Hauptabend.
Wer im Juni 1993 auf der Donauinsel war, konnte sich glücklich schätzen, denn dort gab Falco ein Konzert vor rund 100.000 Gästen, das zwar durch einen Blitzschlag jäh unterbrochen wurde. Ohne Tonanlage und bei strömenden Regen sangen alle weiter. Es wurde das legendärste Konzert in der österreichischen Popgeschichte.
Mit der löblichen Unterstützung von Unterhaltungschef Edgar Böhm hat sich Falcos letzter Bandleader Thomas Rabitsch die Mühe gemacht, auf Grundlage dieses Konzerts einen neuen Event mit Gästen zu realisieren. Der Plan war, Falco mit dem Material aus 1993 am großen Bildschirm im Duett mit seinen Gästen synchron singen zu lassen.
Die Vertragsverhandlungen, komplizierte technische und künstlerische Vorbereitungen haben fast ein Jahr gedauert. Am 24. Juni 2017 war es so weit. Nun pilgerten 140.000 Besucher wieder auf die Donauinsel, um Falco virtuell und seine Gäste live in Interaktion zu erleben. Für diese Eigenproduktion schrieb Mischa Zickler das Buch und Robert Reifer war für die exzellente Bildregie verantwortlich. Bemerkenswert ist die souveräne Professionalität aller Beteiligten. Der registrierte großes Kaufinteresse ausländischer TV-Stationen an dieser Sendung, die an der notorischen Budgetknappheit beinahe scheiterte.
Um viele Geschmacksrichtungen zu bedienen, war die Auswahl der Gäste breit gefächert:
Falco hätte Schauspielerin Edita Malovcic („Nordrand“, „Tatort“) seine Aufwartungen gemacht, sicher nicht nur künstlerische. Mit den Songs „Nachtflug“und „Nouveaux Riches“passt sie haargenau zum Stil dieser coolen Songs.
Georgij Makazaria (Russkaja) war schon lange für den Titel „Dance Mephisto“vorgesehen. Er spielte aber an diesem Abend im Badener Stadttheater das Stück „Orpheus in der Unterwelt“und musste noch im Kostüm mit der Funkstreife zur Donauinsel gebracht werden, um zeitgerecht auftreten zu können. Orpheus steigt herab … So laut, wuchtig, aggressiv, fast martialisch hat noch keiner „Dance Mephisto“interpretiert. Apropos: Zu Lebzeiten Falcos war der Titel ein Flop.
Die Hip- Hop-Kombo Fettes Brot erwies Falco ihre Reverenz mit dem „Kommissar“. Den Wiener Dialekt haben die Hamburger passabel einstudiert.
Für den „Jeanny“-Komplex gibt es keinen Besseren Falco im Hauptabend als den Schauspieler Johannes Krisch aus dem Wiener Burgtheater. Die Rolle des verzweifelten Psychopathen erinnert etwas an Klaus Kinski.
Typgerecht wurde auch Alkbottle-Sänger Roman Gregory besetzt. Der Gaunerdialekt von „Wiener Blut“passt zu ihm wie eine maßgeschneiderte Gefängniskluft. Als erfahrener Publikumsanimator konnte er auch mit „Helden von heute“vollen Erfolg verbuchen.
Aus Italien reiste Gianna Nannini an, die mit „Junge Römer“inbrünstig ihr raues, expressives „Bel Canto“darbot und sich gut mit Falcos Stimme ergänzte.
Teenie-Schwarm Julian LePlay, dem sympathischen Falco-Verehrer aus dem gehobenen Schlagerfach, gelingt „Junge Römer“tadellos.
Die dynamische, stimmgewaltigste Stimme hat ohne Zweifel Drew Sarich, der in diversen Hauptrollen von „Tanz der Vampire“bis „Jesus Christ Superstar“beeindruckt. Er sang im Duett mit Musical-Kollegin Ana Milva Gomes „ Sound of Musik“. Die junge Rapperin Yasmo (Klangkantine) musizierte mit einer Blaskapelle munter „Männer des Westens“.
Österreichs Hip-Hopper und Rapper vom Dienst
versuchte sich am textlastigen Song „Auf der Flucht“. Es gelang ihm.
Die Mitglieder der FalcoBand spielten nie schlechter als sehr gut. Die zügige Kompaktheit des Schlagzeugers Thomas Lang und die Präzision des Bandleaders Rabitsch machten den Abend zum musikalischen Genuss.
Die Sendung endet beim Zuschauer mit der wehmütigen Gewissheit, dass man Falcos künstlerische Genialität schmerzlich vermisst. Selbst 20 Jahre nach seinem Tod beeinflusst Falcos Werk und seine Bühnenfigur eine neue Generation hochgelobter österreichischen Popmusiker.