Kurier

Uma Thurman rechnet mit Harvey Weinstein ab

Handgreifl­ich. Die Schauspiel­erin beschuldig­t den Filmproduz­enten, sie in Pariser Hotel bedrängt zu haben.

- AUS WASHINGTON D. HAUTKAPP

UmaThurman weiß, wie man Neugier erzeugende Cliffhange­r setzt. Als sich im vergangene­n Herbst der menschlich­e Abgrund namens Harvey Weinstein auftat, war sie „noch viel zu wütend“, um Rede und Antwort zu stehen. Später wünschte sie ihrem einstigen Mentor einen langsamen KarriereTo­d („Du hast keine Kugel verdient“). Was eigene unliebsame Erfahrunge­n mit dem mittlerwei­le von fast 100 Frauen des triebgeste­uerten Machtmissb­rauchs beschuldig­ten Hollywood-Produzente­n angeht, blieb die StarSchaus­pielerin aber stumm.

In einem vielschich­tigen Interview mit der Star-Kolumnisti­n der New York Times, Maureen Dowd, hat die 47jährige Mutter dreier Kinder am Sonntag zum ersten Mal ihr persönlich­es Archiv mit hässlichen Weinstein-Episoden geöffnet. Und weil sie schon einmal dabei war, bekam auch Kult-Regisseur und Weinstein-Geschöpf Quentin Tarantino, der Thurman in gewalttäti­gen Meisterwer­ken wie „Pulp Fiction“und „Kill Bill“in Szene gesetzt hatte, böse Breitseite­n ab.

Was Thurman mit dem 65-Jährigen vor gut 25 Jahren erlebte, liest sich wie Dutzende vergleichb­are TatortBeri­chte. In einem Pariser Hotel näherte sich der korpulente Weinstein ihr in anzügliche­r Pose. Was „eigenartig“war. Aber kein Weltunterg­ang. Weinstein kam ihr wie ein „schräger, exzentrisc­her Onkel“vor. Später, in Lon- don, wurde es handgreifl­ich. „Er stieß mich nieder. Er versuchte, sich auf mich zu schieben. Er versuchte, sich auszuziehe­n. Er tat alle möglichen unangenehm­en Dinge.“Wie eine „Eidechse“habe sie sich ihm entwunden.

Als „Dank“drohte Weinstein mit Karriere beendenden Maßnahmen. Was dessen Anwälte gestern bestritten. Ja, er habe sie „linkisch angemacht“, sich aber sofort entschuldi­gt und Blumen geschickt. Aus seinem Sex-Therapie-Exil in Arizona ließ Weinstein verlauten, dass ihn Thurmans Angriffe „verblüffen und betrüben“. Er erwägt rechtliche Schritte.

Dabei fühlt sich Thurman bereits genug gestraft. Ihre Passivität nach den Attacken Weinsteins (auch Thurman ging nicht zur Polizei oder an die Öffentlich­keit) nimmt sie sich übel. „Ich bin einer der Gründe, warum junge Frauen mit ihm allein in einen Raum gegangen sind, so wie ich es getan habe.“An- statt weibliche Emanzipati­on vorzuleben, wie sie in dem Rache-Engel-Epos „Kill Bill“(Regisseur Tarantino) zelebriert wird, schwieg sie.

Über Tarantino wird ebenfalls der Stab gebrochen. Bei den Dreharbeit­en zu „Kill Bill“habe er ihr aus Gründen der künstleris­chen Authentizi­tät ins Gesicht geschlagen und sie angespuckt, erzählt Thurman. Um dann fast beiläufig zu schildern, warum sie kurzzeitig glaubte, dass Tarantino sie auf dem Set umbringen wollte. Anlass: eine Tempo-Fahrt im offenen Cabrio. Obwohl Zweifel an der Fahrtüchti­gkeit des Autos bestanden, zwang der Perfektion­ist sie, auf ein Stunt-Double zu verzichten und selbst hinters Lenkrad zu klettern. Was schiefging.

Wacklige Videobilde­r, die Thurman nach langem Drängen 15 Jahre später bekam, zeigen, wie der Wagen von der Strecke abkommt und vor einem Baum landet. Thurman trug Verletzung­en an Hals und Knien davon, fühlte sich missbrauch­t und ausgenutzt, blieb aber bei der Stange. „Als Mädchen wurden wir dazu erzogen zu glauben, dass Gewalt und Liebe zusammenge­hören“, sagte Thurman und fügte hinzu: „Ich habe 47 Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass es nichts mit Liebe zu tun hat, wenn Leute einen schlecht behandeln.“

„Als Mädchen wurden wir dazu erzogen zu glauben, dass Gewalt und Liebe zusammenge­hören.“Uma Thurman Schauspiel­erin

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„Kill Bill“: Auch Meisterreg­isseur Quentin Tarantino bekam von Thurman sein Fett ab
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Tarantino, Thurman, Weinstein: Die Schauspiel­erin brach ihr Schweigen

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