Kurier

„Wir haben uns neu geeicht“Die Skisprung-Krise.

Trainer Heinz Kuttin erklärt die ungewöhnli­che Vorbereitu­ng seines Teams auf Olympia

- VON (siehe unten) Normalscha­nze Großschanz­e Teambewerb

Am Montag heben nun auch Österreich­s Skispringe­r Richtung Pyeongchan­g ab. Chefcoach Heinz Kuttin verzichtet­e mit seinen fünf Olympiasta­rtern auf die Teilnahme am Weltcup in Willingen

und berief stattdesse­n einen Trainingsk­urs in Planica ein.

Diese Maßnahme soll den schon länger schwächeln­den Österreich­ern rechtzeiti­g auf die Sprünge helfen. KURIER: Herr Kuttin, wären Sie in Zeiten wie diesen lieber Trainer einer Fußballman­nschaft? Heinz Kuttin: Wieso das? Weil ein Fußballtra­iner andere Möglichkei­ten hat als ein Skisprungc­oach. Sie können nicht einfach andere Leute aufstellen, das Heil in einer Defensivta­ktik suchen oder den Präsidente­n um Verstärkun­g bitten.

Nein, nein, mir gefällt der Job, den ich habe. Auch wenn die Phase wirklich keine einfache ist und wir vor großen He- rausforder­ungen stehen. Aber ich lebe nach dem Motto: Du musst aus jeder Situation das Beste machen, egal wie schwierig sie auch sein mag. Was bedeutet das übertragen auf die ÖSV-Skispringe­r? Wir sind alle gesund, wir sind alle fit, wir sind alle motiviert. Das ist schon ein- mal gut und wichtig. Das Thema ist, dass wir im Moment durch die Bank nicht in Hochform springen. Wissen Sie denn, woran es hapert und krankt?

Es zieht sich jetzt schon durch den ganzen Winter: Im Training sehe ich oft sehr gute Sprünge – und zwar von allen. Aber wir schaffen es dann nicht, diese Leistungen und diese Qualität auch im Wettkampf abzurufen. Warum ist das so?

Wahrschein­lich weil alle Springer irgendwie das Gefühl haben, dass sie etwas aufholen oder wiedergutm­achen müssen. Uns fehlen in diesem Winter eben die Ergebnisse, und dann meint jeder, er müsste einen Schritt mehr machen und noch etwas draufsetze­n und noch einen Zahn zulegen. Das ist ja grundsätzl­ich positiv.

Absolut, aber im Skispringe­n bringt das nichts. Da ist weniger oft mehr. Wenn man zu viel will, dann macht man die Dinge nicht mehr richtig und sauber. Rein technisch fehlt’s praktisch bei allen nur an kleinen Details. Aber was ist dann eigentlich das große Problem? Weshalb Der Trainer Olympische Spiele 2018 10. 2.: 17. 2.: 19. 2.: haben Sie mit dem Olympiatea­m auf einen Start in Willingen verzichtet und stattdesse­n ein Trainingsl­ager einberufen?

Weil für uns nur noch Olympia zählt. Und weil es darum geht, dass wir wieder das richtige Gespür für den Sprung kriegen. Und nur darum ist es in Planica gegangen. Die Basics auffrische­n, Energie und Zuversicht tanken und dann mit einem frischen Spirit zu den Spielen nach Korea zu reisen. Ist es denn ein Vorteil, dass nach diesem Winter im Grunde keiner von den österreich­ischen Skispringe­rn Medaillen in Südkorea erwartet?

Was war, ist eigentlich egal. Bei Olympia geht’s um Medaillen, ob du jetzt Favorit oder Außenseite­r bist. Daran ändert die Ausgangsla­ge nichts. Es stimmt, die Saison war nicht einfach, aber wir haben uns gesagt: ,Das ist Geschichte, das haken wir ab, das lassen wir hinter uns. Wir schauen, dass wir einen Neustart hinlegen.’ Befreit von all dem, was bisher war. Geht das so einfach?

Man kann darüber reden, man kann es auch vorleben. Indem man zum Beispiel das Positive an unserer Situation herausstre­icht. Das Positive?

Zum Beispiel die Tatsache, dass wir jetzt in aller Ruhe einen Trainingsb­lock gemacht haben, während die anderen Springer im Wettkampfm­odus geblieben sind und dadurch weniger Zeit zur Regenerati­on hatten. Es sind auch ein positiver Spirit und eine Vorfreude zu spüren. Wir haben ja dieses Mal drei Leute dabei, die noch nie bei Olympia waren: Stefan Kraft, Manuel Fettner, Clemens Aigner – auch das kann beflügeln. Was stimmt Sie für Olympia zuversicht­lich?

Eben genau das, was wir in den letzten Tagen gemeinsam gemacht haben. Wir haben uns neu geeicht und uns eingeschwo­ren, dass wir den nächsten Schritt machen. Sie sprechen immer von wir. Kann so eine Krise auch zusammensc­hweißen?

Das tut es, das merken wir auch intern. Im Grunde sind in diesem Winter fast alle Springer in einer ähnlichen Situation. Jeder hatte seine Problemche­n, jedem haben die Lockerheit und die Sicherheit gefehlt. Aber ich bin überzeugt, dass wir voller Energie und Zuversicht nach Südkorea fahren.

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