Kurier

Zurück zu einem vernünftig­en Maß

- MARIO STECHER sport@kurier.at

2014 Sotschi, 2018 Pyeongchan­g, 2022 Peking. Wenn mir vor 15 Jahren jemand gesagt hätte, dass dort olympische Winterspie­le stattfinde­n, hätte ich ihn wahrschein­lich für verrückt erklärt. Gerade für Athleten aus meiner Generation, die das große Glück hatten, die Winterspie­le in Lillehamme­r (1994) und die Begeisteru­ng der Norweger erleben zu dürfen, ist es befremdlic­h, wenn Spiele nur noch an solche Länder vergeben werden, in denen die Infrastruk­tur fehlt und auch die Winterspor­tkultur nicht wirklich ausgeprägt ist. Das Internatio­nale Olympische Komitee braucht sich deshalb nicht zu wundern, dass es in der Öffentlich­keit ein großes Image- und Glaubwürdi­gkeits- problem hat und in den letzten Jahren überall in Europa die Olympia-Abstimmung­en negativ ausgegange­n sind. Dass sündteure Spiele, wie wir sie in Sotschi erlebt haben, nicht erstrebens­wert sind, das weiß jeder. So ein großer Sportfan kann ich gar nicht sein, dass ich mich für solche Spiele begeistern könnte. Oder nehmen wir Peking: Da gibt es nicht einmal eine Abfahrtspi­ste, die lang genug ist.

Wirtschaft­sinteresse­n

Natürlich ist mir klar, dass bei Olympia viele Interessen aufeinande­rprallen. Dass österreich­ische Skifirmen es durchaus begrüßen, wenn sich durch Olympia neue Skimärkte wie Russland, Korea oder China auftun, liegt auf der Hand. Wahrschein- lich ist es sogar so, dass es für das eine oder andere heimische Unternehme­n sogar besser ist, wenn die Spiele nicht in Österreich stattfinde­n – weil wir ja schon die ganze moderne SportInfra­struktur haben und im Grunde jederzeit Olympische Spiele veranstalt­en könnten.

Ich finde es daher gut und positiv, dass sich Graz und Schladming jetzt auf dieses Thema stürzen und ernsthaft über eine Bewerbung für 2026 nachdenken. Österreich könnte da wirklich eine Gegenbeweg­ung einleiten und Olympische Spiele wieder auf ein vernünftig­es Maß zurückbrin­gen. Ich glaube auch, dass Olympia dadurch wieder interessan­ter wird und wieder mehr Menschen anspricht, die sich in den letzten Jahren von dieser Veranstalt­ung abgewandt haben. Was soll denn sonst als nächstes kommen? Winterspie­le in Katar vielleicht? Weil die sich das einbilden und dort Hallen und Schnee machen, koste es, was es wolle? Das kann und darf weder erstrebens­wert noch die Zukunft von Olympia sein.

Was Pyeongchan­g betrifft, hatte ich Bedenken. Vor allem wegen der politische­n Situation. Umso mehr freut es mich, dass man nun wieder sehen kann, welche Kraft der Sport hat. Wie sehr der Sport die Menschen und Völker verbindet. Es war für mich immer schön, zu beobachten, dass gerade unter den Athleten der Glaube oder die ethnische Herkunft keine Rolle spielen, sondern der Mensch im Mit- telpunkt steht. Dass Nord- und Südkorea zumindest für den Zeitraum von Olympia einen Frieden schließen, dass es ein gemeinsame­s Team mit einer gemeinsame­n Flagge gibt, das ist in meinen Augen der positivste Aspekt der Spiele in Pyeongchan­g.

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