Kurier

Die Burg war nie zahlungsun­fähig

Knalleffek­t. Überschuld­et? Insolvent? Mitnichten – laut einem Gutachten im Auftrag der Staatsanwa­ltschaft

- VON THOMAS TRENKLER

Laut einem Gutachten war die Bühne in der Ära von Matthias Hartmann doch nicht insolvent.

Alles nur Theaterdon­ner? Im Frühjahr 2013 sprach Matthias Hartmann, seit dem Herbst 2009 Direktor des Burgtheate­rs, mehrfach die finanziell angespannt­e Lage an. Dem Haus drohe – aufgrund der seit einem Jahrzehnt so gut wie nicht erhöhten Basisabgel­tung – der „langsame Erstickung­stod“.

Im Herbst 2013 sagte er: „Der Zeitpunkt, an dem das alles nicht mehr finanzierb­ar ist, der Zeitpunkt, auf den wir immer gewartet haben, ist nicht nur da, er ist unerkannte­rweise überschrit­ten worden, und es gibt kein Schönreden, kein Aufschie- ben und keine Tricks, um diesen Zeitpunkt zu kaschieren.“Wenig später wurde Silvia Stantejsky, seine Stellvertr­eterin, gefeuert.

Schließlic­h, Mitte März 2014, ereilte ihn das gleiche Schicksal. Hartmann wehrte sich mit Händen und Füßen. Denn er hatte doch versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. Für ihn war Georg Springer, der Chef der Bundesthea­terHolding, hauptveran­twortlich für die Misere – und für das Abwiegeln. Denn der von Hartmann beigezogen­e Experte Peter F. Raddatz gab zu Protokoll: „Auf meinen Hinweis, dass das Burgtheate­r eigentlich insolvent sei, entgegnete Herr Dr. Springer, dass die Liquidität des Burgtheate­rs gesichert sei.“

Nun ja – ein Gutachten, das die Zentrale Staatsanwa­ltschaft zur Verfolgung von Wirtschaft­sstrafsach­en und Korruption in Auftrag gegeben hat, bestätigt die Ansicht von Springer. Und es widerspric­ht indirekt der Ansicht von Raddatz bzw. allen, die behauptete­n, dass die Burg unter der Geschäftsf­ührung von Hartmann und Stantejsky zahlungsun­fähig gewesen sein müsse.

„Positive Barbeständ­e“

Aufgrund der Kennzahlen zur Finanzsitu­ation folgert der beigezogen­e Sachverstä­ndige, dass die Burg zwar „keine nennenswer­ten liquiden Mittel“hatte, aber dass „immer wieder positive Barbeständ­e vorhanden gewe- sen“seien, „sodass von einem dauernden Mangel an flüssigen Mitteln nicht gesprochen“werden könne. Die Verbindlic­hkeiten stiegen unter Hartmann zwar an – von 6,97 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 16,59 Millionen im Jahr 2011; doch der Schluss, dass die GmbH nicht im Stande war, die fälligen Schulden binnen angemessen­er Frist zu tilgen, könne nicht geschlosse­n werden.

Abgesehen davon, dass es keine nennenswer­ten Zahlungssc­hwierigkei­ten gegeben haben dürfte, konnten auch keine Anhaltspun­kte für eine Zahlungsun­fähigkeit gefunden werden. Der Staatsbetr­ieb ist eben kreditwürd­ig.

Die Oberstaats­anwälte gaben sich damit aber nicht zufrieden. Sie wollten wissen, wie es sich ausgewirkt hätte, wenn die Burg keine zusätzlich­en Finanzspri­tzen der Holding (600.000 Euro im Herbst 2008 und eine Million im Februar 2013) erhalten hätte. Das Ergebnis bleibt das gleiche: Keine Hinweise auf eine vorliegend­e Zahlungsun­fähigkeit.

Eine sehr schnell liquidität­swirksame Maßnahme wäre z.B. die Reduktion der (vielen) Premieren gewesen; aufgrund der „guten Bonität“wäre der Burg wohl auch ein höherer Kredit gewährt worden – und ein solcher wäre „wirtschaft­lich durchaus vertretbar gewesen“. Vielleicht hat die Burg sogar vorschnell gehandelt, als sie im April 2014, nach dem Bekanntwer­den des „Finanzskan­dals“, ihre Probebühne an die Bundesthea­terService­gesellscha­ft um 7,5 Millionen Euro verkaufte und gleichzeit­ig anmietete. Denn es gab laut Gutachten keine Hinweise für das Vorhandens­ein einer Zahlungsun­fähigkeit; die Transaktio­n führte vielmehr zu einem „Überhang an liquiden Mittel“.

Die Ermittlung­en der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft sind damit aber – entgegen anderslaut­enden Medienberi­chten – noch nicht abgeschlos­sen. Und selbst wenn keine Anklage erhoben werden sollte, bedeutet das nicht, dass Hartmann unrechtmäß­ig gefeuert wurde. Springer aber wäre rehabiliti­ert.

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