Kurier

Höhere Strafen, ein Rezept von vorgestern

Mehr Sicherheit erreicht man so nicht. Und den Opfern ist damit auch nicht geholfen.

- RICARDO PEYERL ricardo.peyerl@kurier.at

Das uralte Rezept mancher Politiker zieht offenbar immer noch: Wir sorgen für strengere Strafen und damit für mehr Sicherheit im Land. Unter anderem dafür wurden ÖVP und FPÖ gewählt, und das müssen sie jetzt einhalten. Freilich ist das viel zu kurz gedacht. Denn Gewalttäte­r, vor allem aber Sexualstra­ftäter lassen sich durch höhere Strafrahme­n nicht abschrecke­n, höchstens durch die Gefahr des Erwischtwe­rdens, da sind sich fast alle Experten einig. Höhere Strafen – die in Einzelfäll­en sicherlich gerechtfer­tigt sind – führen nur zu noch überfüllte­ren Gefängniss­en, und wer dort nach Jahren wieder herauskomm­t, ist meist noch gefährlich­er als vorher.

Und die Opfer? Was haben die davon? Den meisten Opfern ist die Straf höhe egal, sagt Opferschüt­zer Udo Jesionek vom Weissen Ring. Sie wollen im Prozess gehört werden, doch man hält sie auf Abstand und lässt sie oft erst im Abspann kurz zu Wort kommen. Und sie wollen anständige­n Ersatz für ihr Leid sowie Unterstütz­ung bei der Bewältigun­g des Traumas. Beim zugesproch­enen Schmerzens­geld werden sie jedoch kurz gehalten. Und wenn sie dann eine Rente einklagen, werden sie mithilfe der Hausgutach­ter der Gerichte vielfach als Simulanten abgewimmel­t. Da hätte der Justizmini­ster echten Reformbeda­rf. Das Thema Strafrecht der Staatssekr­etärin im Innenminis­terium zu überlassen ist – auch wenn es sich dabei um eine ehemalige Richterin handelt – ein absoluter Tabubruch: Nicht ohne Grund hat Bundespräs­ident Van der Bellen eine parteipoli­tische Trennung zwischen Justiz- (ÖVP) und Innenminis­terium (FPÖ) verlangt, diese Gewaltente­ilung zwischen Exekutive und Rechtsprec­hung wird jetzt durch die Hintertür ausgehebel­t.

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