Identitären-Nähe: Blauer Mandatar als Belastungsprobe für ÖVP-FPÖ Rechter Likud-Abgeordneter besucht Strache und Kneissl
Türkis-Blau in Graz. Ex-Ministerin Sickls Sohn hat Kontakte zu rechtsextremen Identitären. Er sitzt bald im Gemeinderat. Jehuda Glick. Rabbiner sucht Nähe zur FPÖ
Wann ist man Sympathisant, wann Aktivist – und wann nur Mitläufer?
Sieht man sich den Umgang der FPÖ mit den Identitären an, sollte man sich diese Fragen durchaus stellen. Seit die steirische FPÖ einige Probleme mit Vertretern der rechtsextremen Gruppe hatte, die auch der Verfassungsschutz beobachtet, hat man an sich eine strikte Linie nach außen: Wer Identitärer ist, hat keinen Platz bei der FPÖ.
Rote Linien
Wo diese rote Linie wirklich verläuft, wird man ab kommendem Donnerstag sehen: Dann wird Heinrich Sickl als FPÖ-Nachrücker in den Grazer Gemeinderat einziehen. Sickl, Sohn von Ex-FP-Sozialministerin Elisabeth Sickl, war in den 1990ern nicht nur Mitglied der verbotenen „Nationalistischen Front“und ist bis heute bei der Burschenschaft Arminia, die das DÖW als rechtsextrem einstuft – er ist auch oft im Umfeld der Identitären zu sehen. So existieren Fotos von ihm auf einer Identitären-Demo in Wien; bei der Besetzung der Grünen-Zentrale in Graz vor zwei Jahren wurde er auch gesichtet. Dazu vermietet er Räumlichkeiten an die Grazer Identitären. Alles unproblematisch? Ja, geht es nach der FPÖ. Die Altlasten aus den 90ern bezeichnet man als „Jugendsünde“, und in puncto Identitäre sieht man nichts Verwerfliches: „Die Teilnahme an einer Demo allein ist ihm ja nicht vorzuwerfen. Deshalb ist er noch lange kein Aktionist oder Mitglied“, sagt Matthias Eder, Sprecher des FPKlubs. Und die Vermietung? „Eine zivilrechtliche Sache. Ein Mietvertrag hat mit Ideo- logie nichts zu tun. “
Das stellt die VP in Graz vor ein ähnliches Dilemma wie in der Causa Landbauer – schließlich regiert in Graz ebenso eine VP-FP-Koalition: Dass VP-Bürgermeister Siegfried Nagl „trotz der handfesten Belege seinen Koalitionspartner gewähren lässt, ist skandalös“, sagt die Grazer Grünen-Stadträtin Tina Wirnsberger. „Sickl hat seine rechtsextreme Vergangenheit nicht abgestreift.“
Wie bei Landbauer
Fragt man bei der ÖVP, so erinnern auch die Antworten frappant an den Fall Landbauer. „Wir werden Herrn Sickl beurteilen, wenn er im Gemeinderat arbeitet“, sagt Nagl-Sprecher Thomas Rajakovics. Aber: „Wir haben keine Freude mit den Identitären, das ist bekannt. Die FPÖ wäre auch nicht gut beraten, jemanden in ihren Reihen zu haben, der sich zu ihnen bekennt.“Eine weitere Parallele zu Landbauer: Die Causa ist noch nicht zu Ende. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) empfängt am 13. Februar den israelischen Politiker und orthodoxen jüdischen Rabbiner Jehuda Glick. Er ist Abgeordneter der rechtskonservativen Regierungspartei Likud und gehört dem äußerst rechten Flügel der Partei an. Glick hat nach Angaben des jüdischen FPÖ-Abeordneten David Lasar selbst um den Termin bei Strache und Außenministerin Karin Kneissl ersucht. Israels Tageszeitung Haaretz berichtete
am 2. Februar, dass Glick den „österreichischen Führer der Partei mit Nazi-Wurzeln“treffen werde. Gegenüber Haaretz sagte Glick, dass er von Strache und Kneissl eingeladen wurde.
Der FPÖ-Chef kennt Glick. Der Likud-Politiker war mit einer Gruppe am 21. Juni 2017 bei Strache in Wien. „Was für ein herzlicher und überaus wichtiger Termin“, postete der FPÖ-Chef damals auf Facebook. Zuletzt war Strache 2016 in Israel.
Lasar knüpft für die FPÖ sämtliche Kontakte. Geht es nach Informationen von Freiheitlichen, soll der Besuch von Glick „zur Normalisierung der israelischen Beziehungen zur FPÖ beitragen“. Die offizielle Politik der Regierung Israels ist allerdings eine andere. Seit dem Antritt der neuen türkisblauen Koalition unterhält die Regierung von Premier Benjamin Netanjahu keine offiziellen Kontakte zur FPÖ und zu FPÖ-Ministern.
Glick ist in Israel umstritten. Der Vater von 14 Kindern
lebt in einer Siedlung. Zuletzt attackierte er die „MeToo“-Kampagne und bezeichnet sich selbst als „Aktivist“und „Fremdenführer“. Seit Jahren kämpft er für einen freien Zugang der Juden zum Tempelberg, was Muslime empört. 2014 wurde Glick von einem Palästinenser auf offener Straße angeschossen und schwer verletzt.