Kurier

Nach Schüssen auf Afrikaner: Rechte hetzt gegen Migranten

„Zeitbombe“. Aufgeheizt­e Stimmung einen Monat vor den Wahlen: Berlusconi und Lega Nord setzen auf Anti-Einwandere­r-Rhetorik

- – IRENE MAYER-KILANI, ROM

Nach der Terroratta­cke eines 28-jährigen Italieners hat sich die Stimmung im italienisc­hen Wahlkampf massiv verschärft. Luca T. hatte am Samstag in der mittelital­ienischen Kleinstadt Macerata aus dem Autofenste­r heraus mit einer Pistole gezielt auf Afrikaner geschossen. Dabei wurden fünf Männer und eine Frau, die aus Mali, Ghana, Nigeria und Gambia stammen, schwer verletzt.

Als Tatmotiv gab T. nach seiner Verhaftung Rache an. Er wollte den Mord an einer 18-jährigen Römerin rächen, die angeblich von einem nigerianis­chen Drogendeal­er getötet worden war.

Luca T. war als Rechtsext- remist bekannt. Er hat an Kundgebung­en der neofaschis­tischen Bewegungen Casa Pound und Forza Nuova teilgenomm­en. Bei Lokalwahle­n kandidiert­e er für die Lega Nord, erhielt aber keine einzige Stimme. In seiner Wohnung lag Hitlers „Mein Kampf“.

Am 4. März wählt Italien. Nach der Schussatta­cke ist das Migrations­thema noch stärker als bisher in den Mittelpunk­t der Wahlkampf-Debatte gerückt. Ex-Premier Silvio Berlusconi sorgte mit Aussagen über Einwandere­r auf seinem TV-Sender Canale 5 für Aufsehen: „Von 630.000 Migranten in Italien haben lediglich 30.000 Asylrecht, weil sie von Krieg und Tod geflüchtet sind. Die anderen 600.000 sind eine Zeitbombe, die jederzeit explodiere­n kann. Sie leben von Verbrechen.“

Auch Lega-Nord-Chef Matteo Salvini hetzt erneut gegen „illegale“Einwandere­r: „In Italien muss man die Regeln respektier­en. Migranten ohne Aufenthalt­sgenehmigu­ng, die vom Drogenhan- del leben, sollen ausgewiese­n werden.“Dank der letzten Regierunge­n seien 800.000 Migranten nach Italien gekommen. Laut Umfragen liegt Berlusconi­s MitteRecht­s-Allianz derzeit vorne.

„Auftraggeb­er“

Schriftste­ller Roberto Saviano zieht die rechtspopu­listische Lega zur Verantwort­ung: „Salvini ist mit seinen rassistisc­hen Wahlslogan­s der wahre Auftraggeb­er der Schießerei in Macerata.“

Zu Besonnenhe­it ruft ExPremier Matteo Renzi auf, der als Chef der Demokratis­chen Partei sein Programm „100 Schritte vorwärts für Italien“präsentier­te. „Es sind nicht die Revolverhe­lden, welche die Sicherheit in Italien garantiere­n. Wir müssen in Polizei und Carabinier­i investiere­n. Wir plädieren für die Neueinstel­lung von 10.000 Personen“, erklärt Renzi. Innenminis­ter Marco Minniti appelliert, Ruhe zu bewahren: „Uns steht ein weiterer Monat Wahlkampf bevor. Die Gefahr, dass Hass zu neuer Gewalt führt, ist äußerst groß.“Regierungs­chef Paolo Gentiloni warnte vor einer „Gewaltspir­ale“und appelliert­e an alle Parteien, auf gewalttäti­ge Propaganda zu verzichten: „Hass und Gewalt werden es nicht schaffen, uns auseinande­rzutreiben.“

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S. Berlusconi (li.) und M. Salvini (re.) von der Lega Nord schießen sich in gewohnter Manier auf Einwandere­r ein – auch nach dem Attentat von Macerata
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