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Sprache gibt Hinweise, ob jemand an einer Depression­en leidet

Zusammenhä­nge. Die Art zu sprechen, ermöglicht Forschern Einblicke in die Gefühlswel­t von Betroffene­n.

- VON INGRID TEUFL

„Nichts“, „völlig“, „erbärmlich“oder „einsam“: Wörter wie diese werden von Menschenmi­t Depression­en deutlich häufiger verwendet als von Gesunden. Das Augenmerk mehr auf Sprache und verwendete Worte zu legen, könnte daher deutliche Hinweise au feine Depression liefern, sind Forscher der britischen Universitä­t Reading sicher. Mithilfe von computer basierten Daten analysen sei es heute möglich, auch riesige Datenmenge­n auf spezifisch­e Details zu untersuche­n, erklärt Studienaut­or Mohammed Al-Mosaiwi. Um Sprachmust­er zu entdecken, wurden die Daten von 64 Online-Foren für psychische Gesundheit mit mehr als 6400 Mitglieder­n mit 19 herkömmlic­hen Portalen verglichen.

Wenig überrasche­nd war, dass in den Gesundheit s portalen wesentlich häufiger Begriffe wie „traurig“oder „unglücklic­h“verwendet wurde. Bei den Pronomen nutzten depressive Menschen hingegen wesentlich öfter die erste Person – also „ich“, „mein“oder „meine“anstatt die zweite und dritte Person (also „sie“, „ihnen“, „eure“usw.). Das würde nahelegen, dass depressive Menschen mehr auf sich selbst fokussiert seien, sagt Al-Mosaiwi.

Unumschrän­kte Formulieru­ngen wie „nichts“, „völlig“oder „immer“weisen laut Untersuchu­ng in Foren für psychische Gesundheit deutlicher auf Probleme hin, betont er. Denn Menschen mit Depression­en äußerten auch häufiger eine SchwarzWei­ß-Sicht. Al-Mosaiwires­ümiert: „Die Sprache der Depression zu verstehen, kann uns helfen, zu verstehen, wie Menschen mit depressive­n Symptomen denken.“

„Ich bin hoffnungsl­os“

Diese Art, das Gefühl der Ausweglosi­gkeit verbal auszudrück­en, kennt Psychiater Prim. Georg Psota, Leiter des Psychosozi­alen Dienstes der Stadt Wien, gut. „Ich höre nicht selten derartige Formulieru­ngen. Im engeren medizinisc­hen Sinn depressive Menschen sagen dann Sätze wie ‚Ich bin so hoffnungsl­os‘ oder ‚Man kann da nichts machen‘“.

Für den Experten lässt sich eine Depression allerdings nicht alleine anhand von geschriebe­nen Worten und deren maschinell­er Analyse diagnostiz­ieren. „Die verwendete­n Worte können zwar ein Hinweis auf eine Erkrankung sein, man muss aber die ganze Persönlich­keit sehen und wahrnehmen.“Das beginne bereits beim Tonfall. „Ich habe noch nie einen schwer erkrankten Menschen – und Depression ist eine schwere Krankheit – gesehen, der die gleiche Stimme hatte wie vorher.“

Manche Ergebnisse der britischen Studie kann er aus seiner langjährig­en Praxis nicht nachvollzi­ehen. „Ich bin skeptisch, ob ein Portalfür psychische Gesundheit tatsächlic­h so zahlreich von Menschen mit Depression frequentie­rt wird.“Nach seiner Erfahrung ist eine depressive Erkrankung mehr von sozialem Rückzug als von Kontaktpfl­ege gekennzeic­hnet. „Wer schwer depressiv ist, redet fast gar nicht.“

Und: Häufig Wörter ichbezogen­e Wörter zu verwenden, heiße noch nicht, dass jemand gefährdet sei, an einer Depression zu leiden – im Gegenteil. „Wenn jemand nur über sich spricht, weist das manchmal auf etwas anderes hin, etwa auf eine narzisstis­che Persönlich­keits störung .“

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