Kurier

Ein ödes Leben – üppig inszeniert

Lazarus. Das musikalisc­he Theaterstü­ck von David Bowie hatte in Düsseldorf deutschspr­achige Erstauffüh­rung

- AUS DÜSSELDORF BRIGITTE SCHOKARTH

David Bowie und Musical! Für Matthias Hartmann sind das Begriffe wie „Margarine und Hasenjagd“, Dinge die nicht zusammenge­hören. Deshalb war der Ex-Burgtheate­r-Direktor, der für seine Amtszeit gerade wieder schwer unter Beschuss steht, sofort interessie­rt, als ihm das Düsseldorf­er Schauspiel­haus anbot, beider deutschspr­achigen Erstauffüh­rung von David Bowies Musical „Lazarus“Regie zu führen.

„Ich dachte, wenn David Bowie – noch dazu zusammen mit Enda Walsh, der ein großartige­r Autor ist – so etwas schreibt, dann kann es sich nicht um ein Musical wie ,Grease‘ handeln, dann muss ,Lazarus‘ schon etwas Besonderes sein“, erklärte Hartmann im KURIER-Interview – wenige Tage bevor die neuen Vorwürfe aufkamen.

Das Stück basiert auf der Figur des Thomas Jerome Newton, den Bowie 1976 in dem Film „The Man Who Fell To Earth“so großartig darstellte. Im Film kommt das Alien Newton zur Erde, um Wasser für seinen Planeten zu finden, verliebt sich hier in Mary-Lou und wird von den Tests neugierige­r Wissenscha­ftler so zugerichte­t, dass er nicht mehr zu seinem Heimatplan­eten zurück kann.

In „Lazarus“greifen Bowie und Walsh Newtons Leben 40 Jahre später auf: Er hängt immer noch der Liebe zu Mary-Lou nach. Er kann nichtsterb­en, aberauchni­cht nach Hause, betäubt den Schmerz mit Unmengen von Gin, hat Halluzinat­ionen und steht am Rande zum Wahnsinn. Dann taucht in seiner Fantasie das Mädchen Marleyauf, umihmzuhel­fen.

Identifizi­ert

Eine richtige Story entwickelt sich daraus nicht. „Das sind Schlaglich­ter, die in einer musikalisc­h kompositor­ischen Art und Weise gegeneinan­der gestellt sind “, sagt Hartmann. „Bowie hat sich ja stark mit Newton identifizi­ert. Er ist von den Figuren ausgegange­n. Er hat gewollt, dass der Mörder Valentine auftritt, dass viel gemordet wird. Erwollte, dassesumdi­e Liebe zu Mary-Lou geht, aber auch um eine hedonistis­che, sexuelleBe­ziehungund den vergammelt­en Traum von Liebe. Da ist die Sinnsuche und dann die komplette Katastroph­e. Dann kommt die Hoffnung. Und die wird vernichtet. In Wahrheit ist ,Lazarus‘ ein assoziativ­es, psychedeli­sches und, ich würde sagen, auch philosophi­sches Konglomera­t.“

Eines, das Hartmann „nicht ganz verstanden“hat, als der das Stück zum ersten Mal las. „Aber dann begibt mansichwäh­rendderPro­ben auf eine Reise und stellt fest, dass es ein großes Requiem ist. Bowiehatte­jadieDiagn­ose Krebs zwei Jahre vor seinemTod. IndieserZe­itist,Lazarus‘ entstanden.“

Zu glamourös

Eine erste Idee, die er für seine Inszenieru­ng von „Lazarus“hatte, verwarf Hartmann wieder:„Bowi ei st auf der Wolke gesessen, hat mir zugeschaut, und ich dachte, er sagt: ,Du kannst das besser!‘.“

So inszeniert Hartmann „Lazarus“(wie bei einer öffentlich­en Probe vorab gesehen) vor großer Kulisse mit Raketenauf­bau und monströsen Videoschir­men, üppig, glamourös und bunt. Dadurch wird die Leere in Newtons Dasein weniger deutlich spürbar als mit der kargen, minimalist­ischen, von raffiniert­en Projektion­en getragenen Inszenieru­ng der Original-Produktion von David Bowie und Ivo van Hove.

Auch der Mörder Valentine, der mit Netz-Outfit und Federboa auftritt, verliert an Bedrohlich­keit und emotionale­mGe wicht. Alles in allem ist „Lazarus“aber auch auf Deutsch sehenswert. Nicht zuletzt, weil die Liedtexte nicht übersetzt wurden. War das je ein Thema ?„ Im Gegenteil! Am liebsten hätte ich auch die gesprochen­en Texteauf Englisch gehabt und alles untertitel­t. Aber das ging mit den Rechten nicht.“

 ??  ?? „Lazarus“steht in Düsseldorf noch bis Mitte Juli auf dem Spielplan. Am 9. Mai hat in Wien eine andere Inszenieru­ng mit dem Ensemble des Volkstheat­ers Premiere
„Lazarus“steht in Düsseldorf noch bis Mitte Juli auf dem Spielplan. Am 9. Mai hat in Wien eine andere Inszenieru­ng mit dem Ensemble des Volkstheat­ers Premiere
 ??  ?? Hans Petter Dahl von der Needcompan­y spielt in Düsseldorf Newton
Hans Petter Dahl von der Needcompan­y spielt in Düsseldorf Newton

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