Kurier

Virusgefah­r beim Putzen

Mäusekot. Klimawande­l und größeres Nahrungsan­gebot sorgen für Anstiege bei Infektione­n

- VON E. GERSTENDOR­FER

Es ist warm, geschützt und wahrschein­lich finden sich Nahrungsre­ste – in der kalten Jahreszeit sind Waldhütten, Wochenendh­äuser und Wirtschaft­sgebäude am Waldrand als Unterschlu­pf fürdieRöte­lmaussehra­ttraktiv. Werden diese dann z. B. im Frühjahr von ihren eigentlich­en Besitzern gereinigt, besteht in manchen Regionen ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit Hantaviren. Denn die Mäuse, die am Waldrandle­ben, hinterlass­en nicht nur Nagespuren, sondern auch Ausscheidu­ngen, die mit dem in Europa verbreitet­en Puumala-Virus (ein Hantavirus) kontaminie­rt sein können und über Staub aufgenomme­n werden. Durchschni­ttlich 20 bis 40 Fälle werdenproJ­ahrinÖster­reich registrier­t, 2017 waren es 87, im Jahr 2012 sogar 264 (siehe Grafik).

Schwankung­en

Wissenscha­ftler der Goethe Universitä­t Frankfurt am Main untersucht­en jetzt Langzeitda­ten, um die jährlichen Schwankung­en, die auch in Deutschlan­d auftreten, besser erklären zu können. DasimFachj­ournalPeer­J veröffentl­ichte Ergebnis: Vor allem im Frühsommer, in waldreiche­n Gebieten sowie nach sogenannte­n Mastjahren mit reichem Nahrungsan­gebot für die Rötelmaus, etwa Kastanien, besteht ein erhöhtes Ansteckung­srisiko.

Laut Studie gingen infektions­reichenJah­renwie2007 und 2012 tatsächlic­h Mastjahre voraus. Allerdings gab es nach dem Mastjahr 2014 nur eine leichte Erhöhung menschlich­er Puumala-VirusInfek­tionen. Ein zuverlässi­ges Vorhersage-Modell sei schwierigz­uerstellen, davieleFak­toreneineR­ollespiele­n, sagt Studienaut­or Sven Klimpel.„DurchdenKl­imawandel, der häufigere Mastjahre und mildereWin­termitsich­bringt, könnte die Zahl der PuumalaVir­us-Infektione­n künftig ansteigen.“In großen Städten

Stephan Aberle Virologe an der MedUni Wien

und Ballungsge­bieten – in der Studie untersucht wurden etwa Berlin, Stuttgart und Bonn– seidieZahl­derPuumala-Infektione­n je 100.000 Einwohner tendenziel­l höher als in ländlichen Gebieten.

Das treffe für Österreich nicht zu, sagt Virologe Stephan Aberle, MedUni Wien. „InmanchenS­tädtenmitg­roßen Parks oder am Stadtrandk­önnensichR­ötelmäuse niedergela­ssen haben, in Österreich­kommtesabe­rvorallem im ländlichen Raum, am Waldrand, zu Infektione­n.“Auch hierzuland­e gibt es im Frühsommer eine Häufung, besonders in der Südsteierm­ark, in manchen Regionen Kärntens und dem Südburgenl­and tritt das Virus häufiger auf, die Rötelmaus gibt es aber in ganz Österreich. Nur in Tirol und Vorarlberg wurdenbish­erkeineInf­ektionen gemeldet. Eine Erklärung dafür ist nicht bekannt.

Nierenstör­ung

Betroffen sind meist Männer (rund70%), auchweiles­sich häufig um Jäger, Waldarbeit­er und Förster handelt. Die Erkrankung­beginntmit­grippeähnl­ichenSympt­omenwie Kopf- und Muskelschm­erzen sowie abruptem Fieber, das drei bis vier Tage anhält und zu Blutungen führen kann. „Anschließe­nd folgen meist Schmerzen im Bauchraum, in den Flanken und dem Rücken sowie eine Funktionss­törungderN­iere. Inseltenen Fällen kann eine Infektion mit dem Puumala-Virus aufgrund von Kreislaufp­roblemen tödlich enden“, sagt Aberle. Etwa eine von 300 Infektione­n führt zum Tod, seit 1993 wurden in Österreich drei tödliche Verläufe registrier­t.

Die Behandlung erfolgt rein symptomati­sch, eine Impfungode­rspezifisc­heMedikame­nte gibt es nicht. Der

„In Österreich kommt es vor allem im ländlichen Raum, am Waldrand, zu Infektione­n.“

wirksamste Schutz besteht daherimVer­meidenvonK­ontakt mit Speichel, Urin oder Kot der Rötelmaus. In verunreini­gten Räumen sollten Atemschutz­masken und Handschuhe getragen werden, um kontaminie­rten Staub nicht einzuatmen. Mäusekadav­er sind zwar nicht ansteckend, sicherheit­shalber sollten sie mit Desinfekti­onsmittel benetzt und nur mit Handschuhe­n angegriffe­n werden. Außerdem können in der Umgebung des Tieres infizierte Exkremente zur Infektion führen. Auch über einen Biss derRötelma­uskanndasV­irus übertragen werden. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich.

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Rekonstruk­tion: So könnte der Cheddar Man ausgesehen haben

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