EU-Normtests: Es wird kompliziert
Messverfahren. Was künftig im Zulassungsschein steht und das für NoVA & Co. bedeutet
Die Unzufriedenheit mit dem EU-Normtest NEFZ für Abgase und Verbrauch bestand seit vielen Jahren. Vor allem, als die EU die Luftgütegrenzwerte einführte, zeigte sich, dass die Realität auf der Straße von den Ergebnissen des Rollenprüfstandstests oft weit abwich. Doch der Ruf nach einem realitätsnäheren Testverfahren wurde von EU-Gesetzgebern stets abgewimmelt mit dem Hinweis, dasseinneuerTestunterallen EU-Staaten abgestimmt und beschlossen werden müsse und das dauere Jahrzehnte. Nur die Grenzwerte (Euro 4, 5, 6) wurden verschärft.
DochmitderDieselAbgasaffärekamSchwungindie Diskussion. Was seit Jahren in Gremien vor sich hin köchelte, wurde nun mit Hochdruck vorangetrieben. Seit September 2017gibtesnichtnureinenneuen Rollenprüfstandstests namens WLTP (siehe Zusatzartikel), sondern auch eine Messung auf derStraßenamensRDE. Dassbis zumSchlussumdieBestimmungen gerangelt wurde, zeigt sich auch daran, dass erst im Juli 2017dieWLTP-VorgabenderEU veröffentlicht wurden und beim RDE noch bis Ende 2018 weiterverhandelt wird.
Auf dem Papier werden die Autos gemäß dem neuen Rollenprüfstandstest um rund 20 % mehr verbrauchen, wassichauchinhöheren Steuern niederschlagen wird. Der höhere Verbrauch, so Mercedes, hängt vor allem von den neuen Rahmenbedingungen beim Rollenprüfstandstest ab. So werden z. B. Sonderausstattungen mitberücksichtigt, die Getriebeschaltpunkte sowie die Ermittlung der Fahrwiderstände geändert (siehe Zusatzartikel).
Der Verbrauch der Autos im Verkehr dagegen wird auch künftig je nach Fahrstil, Wetter, Topografie stark variieren.
Wann sich die neuen Werte nach WLTP auf die Steuern auswirken, bestimmen die einzelnen Staaten. Österreich etwa will dies ab 1. 1. 2020 machen. Bis Ende 2020 müssen EU-weit neben den WLTP- auch die NEFZ-Werte offiziell angegeben werden. Dies auch deshalb, damitdasvonderEUvorgegebe-
– Einführung – Änderung für Kunden
ne Flottenverbrauchsziel neu zugelassener Fahrzeuge von 95 g/km CO2 erreicht werden kann. Dieses wurde ursprünglich nach dem NEFZ errechnet. Erst mit dem 1. 1. 2021 stellt die EU endgültig auf den WLTP um.
Punkto Wiederverkaufswert sollten Kunden genau auf die Emissionsnorm (siehe Tabelle)
ihres Pkw achten, die derzeit beste ist die Euro 6d TEMP.
Der neue, zusätzlich eingeführte Straßentest RDE dagegen wird nicht für die Verbrauchsermittlung hergenommen. Mit ihm wird überprüft, ob die jeweiligen Grenzwerte für Stickoxide (NOx) und die Partikelanzahl (PN) unter Berücksichtigung der gesetzlichen Konformitätsfaktoren auf der Straße eingehalten werden.
Im Konformitätsfaktor sind die Messtoleranz der Prüfgeräte (Portable Emission Measuring System PEMS) sowie die Schwankungsbreite der Testbedingungen (Wetter, Stau etc.) berücksichtigt. Anfangs beträgt der Konformitätsfaktor für Stickoxide2,1. Heißt, dieAutosdürfen
– Straßentest – Freiheiten
beim RDE-Test maximal 1,1 mal sovielNOxerzeugen, wiederEUGrenzwert (Euro6) erlaubt. Das klingt großzügig, ist aber dennoch sehr wenig, wenn man derzeitigeStraßentestergebnissebetrachtet, wo Autos teilweise die Grenzwerte ums bis zu 35-fache überschreiten. In der nächsten Stufe (ab 1. 9. 2018) wird dieser Konformitätsfaktor auf 1,5 gesenkt. DieseFreiheitistschonwegen der Unschärfe der PEMS-Geräte nötig.
DiePEMSsindnicht standardisiert, je nach Hersteller(z.B. AVL) variierendieMessarten. Das Messen der winzigen Schadstoffmengen im Abgas während der Fahrt ist extrem komplex.
Erst seit rund sechs Jahren sind laut Mercedes-Techniker die PEMS-Geräte überhaupt geeignet, umfüroffizielleMessungen eingesetzt zu werden. Im Grunde muss die gesamte Messtechnik, die beim Rollenprüfstand in 2 m hohen Schränken verbaut ist, in einem koffergroßenGerätintegriertwerden. Die größten Ungenauigkeiten gebe
– Unschärfen
es bei der Messung der Partikelanzahl, so Mercedes. Keinesfallsseriösseies, aufeinAutoein PEMS-Gerät zu schnallen, eine Runde auf der Straße zu fahren und dann das Ergebnis für „offiziell“zu halten. Mercedes vergleichtjedesErgebnisdesPEMSGerätes bei der festgelegten RDE-Fahrt Zusatzartikel) mit den Ergebnissen der Messung auf dem Rollenprüfstand, um Unschärfendes PEMS-Gerätes abzugleichen.
Um die neuen Tests fristgerecht zu erledigen, wird es bei den Prüfstellen (z.B. TÜV) und Herstellern heuer zu enormem Zeitdruck kommen. Die externen Prüfstellen sollen darüber hinaus via Stichproben kontrollieren, ob die Autos den Gesetzesvorgaben entsprechen. Dazu sind unangemeldete Feldtests von unabhängigen Prüfstellengeplant, diePkwausdemVerkehr fischen und auf die Einhaltung der gesetzlichen Abgasvorgaben überprüfen. In Österreich aktuell von der TU Wien im Auftrag des Verkehrsministeriums. Weitere Infos auf motor.at
– Prüfstellen