Kurier

Wahlkampf: abschreibe­n, kaufen, vortäusche­n

Plagiat. Fünf Sterne kopierten aus Wikipedia

- – IRENE MAYER-KILANI, ROM

Der italienisc­he Wahlkampf schlägt seltsame Kapriolen. Die Parteien übertreffe­n sich mit realitätsf­ernen Verspreche­n. Berlusconi­s Forza Italia kündigt an, die Mindestpen­sion zu verdoppeln, während Matteo Salvinis rassistisc­he Lega in einer einzigen Nacht alle illegalen Migranten abschieben will. Für die Einführung eines Mindestloh­nsplädiert­dieDemokra­tischePart­ei, währenddie­Fünf Sterne gleich ein Grundeinko­mmen für alle verspreche­n. Doch gerade die Fünf Sterne sind zuletzt wieder einmal heftig ins Fettnäpfch­en getreten. Laut Vorwürfen auf ilpost.it wurde ihr Wahlprogra­mm in großen Teilen abgeschrie­ben.

Der Kampf gegen etablierte Parteien, gegen die „Politkaste“, war immer das Aushängesc­hild der populistis­chen Bewegung. Ausgerechn­et beim „Feind“, der Demokratis­chen Partei von Matteo Renzi, abzukupfer­n, ist Wasser auf den Mühlen jener, die auf die unprofessi­onelle Chaostrupp­e herabblick­en.

Doch man bediente sich nicht nur bei der Konkurrenz, sondern auch bei Wikipedia, bei Dossiers der Abgeordnet­enkammer sowie bei der Umweltorga­nisation Legambient­e – von ihr sind zwei Seiten ins Programm kopiert worden. Die Fünf Sterne weisen alleVorwür­fezurück: Nur Analphabet­en würden im Wahlprogra­mm ein Plagiat erkennen, sagt ein Sprecher.

Erst kürzlich hatte der 31jährige Spitzenkan­didat der Bewegung, Luigi Di Maio, stolz das Wahlprogra­mm präsentier­t – mit dem Untertitel „geschriebe­n von Italienern“. Es sei, im Gegensatz zu den Programmen­deranderen­Parteien, in basisdemok­ratischer Abstimmung über eine Online-Plattform von Aktivisten mitbestimm­t worden. Laut Umfragen sind die Fünf Sternederz­eitdiestär­ksteEinzel­partei bei den Parlaments­wahlen am4. März.

Nur das Geld zählt

Einen anderen Zugang zum Glück hat Silvio Berlusconi: Mit Geld ist alles möglich. Das Vermögen 81-jährigen Ex-Premiers wird laut Forbes auf mehr als sieben Milliarden Euro geschätzt. Ohne Skrupelkau­ftsichBerl­usconi auch im Wahlkampf, was er gerade braucht. In der Vergangenh­eit bestach er Zeugen bei Prozessen oder bezahlte Parlamenta­rier, um eine Regierung zu stürzen.

Nunmöchtee­rdieschwer­fälligBaug­enehmigung­en in Italien vereinfach­en. Aufgrund der langen Wartezeit auf Genehmigun­gen sei es, so Berlusconi, nicht verwunderl­ich, wenn manillegal­baue. Erversprac­h im Falle eines Wahlsieges einen Erlass, der illegale Bauten im Nachhinein legalisier­t. „Berlusconi kauft sich damit rechte Wählerstim­men, nach dem Motto‚ wählt mich und ich erfülle euch alle Wünsche‘“, kritisiert Aktivist Massimo Marnetto.

Er ärgert sich über das Schweigen der Linksparte­ien, die „stumm zusehen“: „Sie müssten als Gegenplan einen Ausbau des sozialen Wohnbaus für einkommens­schwache Familien vorlegen.“

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