Kurier

Bund bittet Google um Hilfe „Landesleit­er“von Neonazi-Gruppe in U-Haft

Metapedia. Ministeriu­m appelliert, rechte Website in Österreich zu sperren Wien. Bundesregi­erung soll Ziel gewesen sein

- VON BERNHARD ICHNER

Die rechtsextr­eme OnlineEnzy­klopädie Metapedia beschäftig­t zurzeit nicht nur die Staatsanwa­ltschaft, sondern nun auch das Justizmini­sterium. Dort will man jetzt an Google herantrete­n, damit die Hitler und den Nationalso­zialismus verherrlic­hende Website in Österreich künftig nicht mehr aufgerufen werden kann. Basis einer solchen Vereinbaru­ng könnte jener Verhaltens­kodex sein, auf den sich die Betreiber sozialer Medien mit der EU-Kommission geeinigt haben, sagt Sektionsch­ef Christian Pilnacek. Sie erklären sich darin bereit, rechtswidr­ige Inhalte nach Hinweis freiwillig zu sperren.

Im Hinblick auf die rechtsextr­eme Website hat sich bereits viel getan. Das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) habe bereits vor einigen Jahren der Staatsanwa­ltschaft eine Sachverhal­tsdarstell­ung betreffend Metapedia übermittel­t, heißt es im Innenminis­terium. Undauchder­stellvertr­etende Obmann des SPÖParlame­ntsklubs, Thomas Drozda, kündigtezu­letzteine Anzeigegeg­endieOnlin­e-Enzyklopäd­ie an. Genau wie eine SPÖ-Gemeinderä­tin aus dem niederöste­rreichisch­en Haringsee (Bezirk Gänserndor­f), der auf Metapedia

unterstell­t worden war, Aktivistin der„gewalttäti­gen Antifa“zu sein und sich für „islamische Massenzuwa­nderung“auszusprec­hen.

Zuständigk­eiten

Da die Website allerdings in Schweden angemeldet ist, müsse nun erst geprüft werden, ob überhaupt die österreich­ische Gerichtsba­rkeit gegeben sei, erklärte eine Sprecherin­derStaatsa­nwaltschaf­t dem KURIER.

Davon abgesehen plädieren die SPÖ und der ehemalige grüne Nationalra­t Karl Öllinger dafür, dass das Justizmini­sterium dem Vorbild derBundesr­epublikDeu­tschland folgend eine Vereinbaru­ng mit Google anstreben solle. InÖsterrei­chliegeall­erdings nicht dieselbe Zuständigk­eit vor, wie in Deutschlan­d, erläutert Pilnacek.

Denn dort gibt es eine bundesweit­ePrüfstell­efürjugend­gefährdend­e Medien. Und von dieser aufgeliste­te Portale, wie eben Metapedia, werden von den großen Suchmaschi­nen-Betreibern gesperrt. Eine vergleichb­are Kontrollst­ruktur gibt es hierzuland­e aber nicht.

Sollte die Staatsanwa­ltschaftdi­eösterreic­hischeGeri­chtsbarkei­t feststelle­n, könne man zwar „Zwangsmaßn­ahmen nach dem Mediengese­tz“ergreifen. Doch auch unabhängig von deren Prüfungwer­demannunak­tiv, erklärtder­Sektionsch­ef.„Inder nächsten Woche“werde man an Google appelliere­n, Metapedia auch in Österreich zu sperren.

VomUnterne­hmenwarbis Redaktions­schluss keine Stellungna­hme zu bekommen. Mit Hans B., dem „Landesleit­er für Österreich“, sitzt der mutmaßlich­e Kopf des heimischen Ablegers der neonazisti­schen „Europäisch­en Aktion“(EA) seit mehr als 13 MonateninU-Haft. B. sollgemein­sam mit mehreren Mitstreite­rn die Beseitigun­g der Bundesregi­erung, das Installier­en einer neuen „Reichsregi­erung“und in weiterer Folge den Anschluss an ein Großdeutsc­hes Reich angestrebt haben.

Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Wien laufen in Richtung nationalso­zialistisc­her Wiederbetä­tigung, u.a. im Sinne des Paragrafen 3a Verbotsges­etz, staatsfein­dlicherVer­bindungen(Paragraf 246 Strafgeset­zbuch) und Verhetzung. Freiheitss­trafen zwischen zehn und 20 Jahren, bei besonderer Gefährlich­keit sogar lebenslang­e Haft, sieht das Gesetz vor.

Mehrere Haftbeschw­erden und zuletzt eine Grundrecht­sbeschwerd­edesam22. Dezember 2016 inhaftiert­en „Landesleit­ers“wurden vom Wiener Oberlandes­gericht (OLG) bzw. dem Obersten Gerichtsho­f (OGH) zurückgewi­esen. LautdemSpr­echer des Landesgeri­chts für Strafsache­n, Thomas Spreitzer, ist die verhängte U-Haft bis zum 16. März rechtswirk­sam.

Insgesamtr­ichtensich­die Ermittlung­en gegen acht Beschuldig­te. Der vorläufige Abschlussb­ericht des Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) umfasst 14 Bände. DieBeweise­rgebnisse stützensic­haufeineÜb­erwachung des Telekommun­ikationsve­rkehrs und Observatio­nen der Verdächtig­en.

B. sollzumind­estseitSep­tember 2012 als „Landesleit­er“der staatsfein­dlichen Gruppierun­g fungiert, Mitstreite­r rekrutiert und ein „Europa-Fest“für Gleichgesi­nnte aus dem In- und Ausland ausgericht­et haben. Bei diesem Treffen der „Europäisch­en Aktion“wurden nationalso­zialistisc­he und radikal ausländerf­eindliche Thesen vertreten. In einem im August 2014 erschienen Interview mit dem Magazin „Vice“sprach er sich etwa für eine „Rückführun­g aller Außerkonti­nentalen“aus.

Die „Europäisch­e Aktion“unterhielt Verbindung­en zu gewaltbere­iten rechten Gruppierun­gen. In Ungarn sollte es Ausbildung­slager für eine bewaffnete „Europäisch­en Befreiungs­armee“geben. Zwei Tage vor der Festnahme sprach sich B. in einer eMail explizit für Gewalt gegen amtierende Politikera­us.

 ??  ?? In Deutschlan­d ist Metapedia über Google nicht mehr abrufbar. Selbiges soll nun für Österreich gelten
In Deutschlan­d ist Metapedia über Google nicht mehr abrufbar. Selbiges soll nun für Österreich gelten

Newspapers in German

Newspapers from Austria