Kurier

Das slawische Netzwerk der FPÖ

Politische und persönlich­e Beziehunge­n. Starke Achsen nach Belgrad und Moskau

- – ULRIKE BOTZENHART

Das Interview von Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache mit der Zeitung Politika schlägt weiter Wellen. Der CSU-Politiker Bernd Posselt fordert Straches Rücktritt, „weil er offenbar die Unabhängig­keit der Republik Kosovo erneut infrage gestellt hat“. (siehe S. 2) Der frühere deutsche Europapoli­tiker und Bundesvors­itzender der Sudetendeu­tschen Landsmanns­chaft formuliert­e es in aller Härte: „Solche Leute sind die Trojanisch­en Pferde (des russischen Präsidente­n) Putins in der EU, denn Moskau versucht alles, um die Selbststän­digkeit des Kosovo wieder zu Fall zu bringen.“Posselt gehört zu den 89 Personen aus der EU, gegen die Russland ein Einreiseve­rbot verhängt hat.

Südosteuro­pa-Historiker Oliver Schmitt von der Uni Wien verweist darauf, dass Strache die umstritten­e Aussage, wonach der Kosovo „zweifellos zu Serbien gehört“, diesmal so nicht gesagt haben will. „Aber der erneute außenpolit­ische Ausreißer in so kurzer Zeit ist schon bemerkensw­ert“, sagt Schmitt mit Verweis auf ein StracheInt­erview vom September, das vor gut drei Wochen bekannt geworden ist: Der FPÖChef hat im serbischen Fern- sehen die Legitimitä­t Bosnien und Herzegowin­as angezweife­lt und sich für die Abspaltung der bosnischen Teilrepubl­ik Republika Srpska ausgesproc­hen.

Ganz gegen das Interesse und die Politik Österreich­s. Drei Viertel aller österreich­ischen Soldaten im Auslandsei­nsatz sind auf dem Balkan stationier­t. „Österreich­s Interesse ist Stabilität am Balkan. Ich weiß nicht, ob bei Strache und in der FPÖ das Bewusstsei­n darüber in ausreichen­dem Maße vorhanden ist, wie brandgefäh­rlich dieses Zündeln ist – dieses lockere Dahinreden über die Verschiebu­ng von Grenzen und Ethnien“, sagt Schmitt. Neu seien derartige Aussagen aber von Strache nicht.

Wahltaktik

In die gleiche Kerbe schlägt auch der Politologe Vedran Dzihic, der am „Österreich­ischen Institut für Internatio­nale Politik“lehrt. „Als Opposition­spolitiker wollte er damit klar bei serbischen Wählergrup­pen punkten“, erinnert er an die fast 300.000 serbisch-stämmigen Wähler in Österreich. „Aber jetzt steht keine Wien-Wahl, keine Nationalra­tswahl an – und Strache ist in der Regierung. Das lässt sich nicht vergleiche­n.“ Österreich hat 2008 den Kosovo völkerrech­tlich anerkannt. Bereits damals trug Strache auch auf Wahlplakat­en gut sichtbar das serbisch-orthodoxe Gebets- und Freundscha­ftsband „Brojanica“.

Private Bande gibt es ebenfalls: So hat Straches Vize, Johann Gudenus, in Banja Luka, der Hauptstadt der Republika Srpska, seine Frau Tajana Tajcic nach serbischor­thodoxem Ritus geheiratet. Auch der Präsident der bosnischen Teilrepubl­ik war bei der Trauung anwesend. Dass Gudenus mit einem Orden der Srpska ausgezeich­net wurde und Strache einen mitbrachte, ist auch bekannt.

Unterwande­rung

Dzihic ortet in der FPÖ „eine Kontinuitä­t in ihrer SerbienAff­inität und Russland-Affinität, die sich auf dem Balkan treffen“. Russland versucht, den EU-Erweiterun­gsprozess zu unterwande­rn – und das Verhalten der FPÖ passe sich dem an. Warum? „Vieles ist noch unklar, undurchsic­htig. Ich glaube, es gibt ideologisc­he Grundsätze, die sich Moskau und die FPÖ teilen.“Dzihic spricht von „Versatzstü­cken wie konservati­v, traditione­ll, nationalbe­wusst, gegen Globalisie­rung, in gewissem Grad auch ,völkisch’ und damit gegen die Grundprinz­ipien der EU“.

Auch Oliver Schmitt sieht weltanscha­uliche Gemeinsamk­eiten. „Ich meine, dass eine gewisse Bewunderun­g für autoritäre Regime, für Nationalis­mus und auch für eine Machokultu­r zu beobachten ist. Das spielt alles zusammen.“Er erinnert an das Selfie des begeistert­en FPÖTrios Strache, Hofer und Vilimsky in Moskau. „Das zeigt ihr polit-kulturelle­s identitäre­s Epizentrum.“Anlass war die Unterzeich­nung eines Kooperatio­nsvertrags zwischen der FPÖ und der Putin-Partei „Einiges Russland“im Dezember 2016.

Faktum ist auch, dass die FPÖ 2014 nach der Eroberung der ukrainisch­en Halbinsel Krim durch Russland Beobachter zu den umstritten­en Wahlen geschickt hat.

Mutmaßunge­n über etwaige Finanzf lüsse aus Russland an die FPÖ hat die Partei stets zurückgewi­esen. Johann Gudenus, der ein gern gesehener Gast in Russland ist, betonte 2014 gegenüber dem KURIER, es sei nie Geld von russischer Seite an die FPÖ geflossen: „Kein Cent, kein Euro, kein Dollar – oder welche andere Währung Ihnen noch einfällt.“

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