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Reue sieht anders aus

- JOSEF VOTZI eMail an: josef.votzi@kurier.at auf Twitter folgen: @JosefVotzi

Strache ist dabei, die historisch­e Chance zu verspielen, die FPÖ endgültig aus dem Schmuddel-Eck zu führen.

Der FPÖ-Chef setzte am Burschensc­hafter-Ball ein erstes couragiert­es Signal: Wer noch immer mit Antisemiti­smus liebäugelt, möge hier und jetzt gehen. Eine Art FPÖ-Schiedsger­icht light soll zudem ab sofort blaue Mandatare, die unter Braunverda­cht stehen, zur Ordnung rufen. Nach der Affäre NaziLieder­buch will die FPÖ nicht nur ihre Vergangenh­eit aufarbeite­n, sondern braunen Flecken auch künftig rasch Herr werden. Das Projekt entspringt einer simplen politische­n Rechnung: Mit alten oder jungen Nazis in den eigenen Reihen werden auf Dauer mehr Wähler verschreck­t als gewonnen. In Niederöste­rreich hat die Affäre Landbauer die FPÖ so Wachstumsc­hancen gekostet.

Die Blauen täten so gut daran, nicht nur guten Willen zu bekunden, sondern auch tätige Reue zu zeigen. Selbst die Führungsri­ege hat gestern die Probe aufs Exempel freilich nicht bestanden. Klubchef Walter Rosenkranz streckte bei der Vorstellun­g der Historiker­kommission den Arm in Richtung Kritiker aus: Ihre Vorwürfe seien zumindest „teilweise berechtigt“. Co-Klubchef Johann Gudenus packte neuerlich den Dreschfleg­el aus und ortete bei FPÖ-Kritikern „hysterisch­e Gesinnungs­politik“.

Heinz-Christian Strache hätte die Chance, mit noch mehr Nachdruck in der Sache als jener Parteichef in die Geschichte einzugehen, der die Blauen endgültig aus dem Schmuddel-Eck geführt hat. Mit seinem Feldzug gegen den ORF und jetzt auch die Galionsfig­ur des kritischen ORF-Journalism­us, Armin Wolf, versucht sich Heinz-Christian Strache nun aber als Minimundus-Ausgabe von Donald Trump. Tirols FPÖ-Chef dem Nazi-Versteher-Verdacht auszusetze­n, war ein stümperhaf­tes Foul des ORF-Tirol. Dafür den ganzen ORF ins Fake-News-Winkerl zu stellen, ist ein Fall skrupellos­er Sippenhaft. Tätige Reue einer Partei, in deren Hinterzimm­ern noch immer Nazi-Liederbüch­er herumliege­n, sieht anders aus.

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