Kurier

Riad gibt die Kontrolle über Brüssels Große Moschee ab

Islam. Erleichter­ung bei Belgiens Regierung

- – INGRID STEINER-GASHI, BRÜSSEL

Spätestens seit den Terroransc­hlägen von Paris und Brüssel stand sie im Blickpunkt: die Große Moschee in Brüssel, nur einen Steinwurf vom Europa-Viertel entfernt. Lange hatte man darüber hinweggese­hen, dass im größten islamische­n Gotteshaus der Stadt extrem radikale und religiös ultra-konservati­ve Predigten gehalten wurden.

Belgische Geheim- und Sicherheit­sdienste warnten erst spät, dass die meist aus Saudi-Arabien stammenden Imame junge Muslime in Belgien zu radikalisi­eren drohen. Tatsächlic­h sind pro Kopf gesehen aus keinem europäisch­en Land mehr junge Männer und Frauen für den „Islamische­n Staat“nach Syrien gezogen als aus Belgien.

Doch die Handhabe gegen die Moschee und deren salafistis­che Hasspredig­er war beschränkt: Die Große Moschee wird von SaudiArabi­en gesteuert. Einer ihrer Imame wurde 2015 wegen Hasspredig­ten ausgewiese­n, ein weiterer wehrt sich derzeit vor Gericht dagegen.

Jetzt aber atmet man in der belgischen Regierung erleichter­t auf: Nach heiklen, mehrere Monate dauernden Verhandlun­gen im Geheimen hat Saudi-Arabien zugestimmt, die Kontrolle über die Moschee an den belgischen Staat abzutreten.

Ein Freibrief

Vor fast fünfzig Jahren hatte der damalige König Baudouin einen Deal mit dem saudischen Monarchen Faisal Ibn Abd al-Aziz al-Saud geschlosse­n: Im Tausch gegen billiges Öl überließ er ihm den orientalis­chen Pavillon aus der 1880-Weltausste­llung im Jubelpark mit einem 99 Jahre geltenden Pachtvertr­ag. Das Gebäude wurde zur Moschee umgebaut. Gleichzeit­ig übertrug der belgische Monarch den Saudis die Ausbildung der muslimisch­en Imame für die wachsende Zahl der muslimisch­en Zuwanderer. Es war geradezu ein Freibrief für das saudische Königshaus, die Botschaft des Salafismus zu verbreiten.

Seit dem Vorjahr versuchte nun Belgiens Regierung, die Bande zwischen SaudiArabi­en und der Großen Moschee in Brüssel zu kappen. Offenbar mit Erfolg. Noch im Februar will Innenminis­ter Jan Jambon die konkreten Ergebnisse der Verhandlun­gen bekannt geben. Von einem „korrekten Preis“dafür, dass sich Saudi-Arabien zurückzieh­t, war die Rede.

Dass Riad so schnell einwilligt­e, wird aber auch als ein überrasche­ndes Signal gesehen. Belgische Diplomaten, die in Saudi-Arabien über die Rückgabe der Großen Mosche verhandelt­en, berichtete­n über eine angebliche Kursänderu­ng durch Kronprinz Mohammed bin Salman. Demnach wolle der Wüstenstaa­t von seinem Image als weltgrößte­r Exporteur eines ultra-konservati­ven Islam abrücken.

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Große Moschee in Brüssel: Hasspredig­ten wurden gehalten

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