Kurier

Pensionist­in versteckte Klimt-Bild in Kasten

Linz. Galerie-Chef soll Sekretärin die Zeichnung als Schweigege­schenk überlassen haben

- – WOLFGANG ATZENHOFER

Im Kriminalfa­ll um vier an die Stadt Linz verliehene und danach verschwund­ene Bilder von Egon Schiele und Gustav Klimt kommt es nun zur filmreifen Verlängeru­ng: Die Klimt-Zeichnung „Zwei Liegende“, für die Linz – in Summe mit drei weiterhin verscholle­nen Schiele-Gemälden – insgesamt 8,3 Millionen Euro Schadenser­satz bezahlen musste, ist überrasche­nd wieder aufgetauch­t. Eine Linzer Pensionist­in, die früher Sekretärin im städtische­n Museum „Neue Galerie“(Lentos, Anm.) war, hatte das Kunstwerk zu Hause in einem Kasten versteckt.

Vergangene­n Dezember ist die 1977 pensionier­te städtische Angestellt­e gestorben. „In ihrer letztmögli­chen Verfügung hat sie den Erben aufgetrage­n, das Bild an die Stadt Linz zurückzuge­ben“, berichtet Anwalt Bruno Binder. Er vertrat die Stadt Linz ab 2009 im letztlich verloren Rechtsstre­it um die verscholle­nen Leihgaben.

In einer letzten Mitteilung ließ die Frau noch wissen, dass sie das Bild von ihrem damaligen Chef und Galerie-Leiter, dem ebenfalls längst verstorben­en Walter Kastner, als Schweigege­schenk erhalten habe. Als sie ihren Chef darauf aufmerksam gemacht habe, dass drei Leihgaben nicht ordnungsge­mäß im Galerie-Archiv dokumentie­rt seien, soll er sie zum Schweigen aufgeforde­rt und ihr das Bild geschenkt haben. Im Auftrag der Erben hatte ein Wiener Anwalt das Bild zurückgebr­acht.

Ausstellun­g

Für Bürgermeis­ter Klaus Luger ist alles „wie ein Krimi“. Die Zeichnung mit den zwei halbnackte­n Schönheite­n wurde zum richtigen Zeitpunkt zurückgege­ben. Am Donnerstag wird im Lentos die Großausste­llung „1918Klimt.Moser.Schiele“eröffnet. Das restituier­te Bild kann in diesem Rahmen erstmals seit 1964 wieder gezeigt werden. Zuletzt war es in der Wiener Albertina, wohin es von Linz aus verliehen worden war, zu sehen.

Wermutstro­pfen für die Stadt ist, dass das Klimt-Bild im Jahr 2014 vom Gericht mit 66.000 Euro als das weitaus billigste der vier fehlenden eingestuft wurde. Gegen Rückgabe dieser Summe wolle man es den Erben der einstigen Leihgeberi­n Olga Jäger, wieder anbieten, kündigt Luger an. Weil man ja ebenso die Kosten für einen jahrelange­n Schadeners­atzprozess zu tragen hatte, werde geprüft, ob man sich an den Erben der Ex-Sekretärin schadlos halten wird.

Anwalt Binder berichtet, dass die Staatsanwa­ltschaft wegen der jüngsten Entwicklun­gen ihre Suche nach den übrigen drei Bildern „Tote Stadt“, „Junger Mann“und „Paar“von Egon Schiele wieder aufnehmen wird.

Startet Prozess erneut?

Und noch ein Knaller steht an: Im Linzer Stadtarchi­v soll eine Rückgabe-Forderung der Leihgeber aus dem Jahr 1990 aufgetauch­t sein. Damit wären ihre Forderunge­n aus den 2000er-Jahren verjährt gewesen. Nach einem Beschluss des Obersten Gerichtsho­fes (OGH) muss das Landesgeri­cht in Linz nun eine Wiederaufn­ahme des Schadeners­atzprozess­es prüfen.

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Bei der kommenden Ausstellun­g im Lentos zu sehen: „Zwei Liegende“

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