Kurier

Wenn Babys nicht mehr aufwachen

Plötzliche­r Kindstod. Eine aktuelle amerikanis­che Studie stellt zwei Empfehlung­en für Neugeboren­e infrage

- VON UND (TEXT) (GRAFIK)

Für Eltern ist es ein unvorstell­barer Schmerz, wenn das Neugeboren­e plötzlich verstirbt. Erfreulich­erweise nimmt die Zahl plötzliche­r Kindstode, also Tode scheinbar gesunder Säuglinge, für die es keine Erklärung gibt (kurz SIDS für sudden infant death syndrome), in Österreich seit Jahren deutlich ab (siehe Grafik).

Großen Anteil daran hat das gestiegene Bewusstsei­n dafür sowie Tipps für Eltern, etwa für die Schlafumge­bung des Babys. Auch wenn Vorkehrung­en keine Garantie dafür sind, dass das SIDS nicht auftritt, gibt es Hinweise auf Risikofakt­oren, aus denen die Empfehlung­en abgeleitet sind. Zwei davon werden nun von Autoren einer US-Studie (Journal of Pediatrics)

infrage gestellt.

Bonding als Risiko

Wissenscha­ftler des MassGenera­l Hospital for Children und des Newton-Wellesley Hospital, beide im US-Bundesstaa­t Massachuse­tts, analysiert­en die plötzliche­n unerwartet­en Todesfälle von Säuglingen im ersten Lebensjahr, deren Todesursac­he nicht gleich ersichtlic­h ist (kurz SUID für sudden unexpected Legen Sie Ihr BABy wÄhrend des SChlAfs immer in RüCkenlAge, im SChlAfsACk ohne DeCke und Polster.

RAuChen Sie niCht in der SChwAngers­ChAft und sorgen Sie für eine rAuChfreie UmgeBung ihres BABys. infant death), für die Jahre 1995 bis 2014. Das SIDS ist eine Teilmenge des SUID. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Empfehlung, das Baby nach der Geburt für eine bessere Bindung auf den nackten Oberkörper der Mutter zu legen (Bonding), ein Risiko für SIDS sein kann. Die Mutter könnte einschlafe­n und nicht erkennen, wenn das Kind etwa schlecht Luft bekommt. „Das Bonding ist gut, aber es ist eine Situation erhöhten Risikos, derer man sich bewusst sein muss. Das gilt dann, wenn Mutter und Kind von der Geburt sehr erschöpft sind“, sagt Reinhold Kerbl, Vorstand der Abteilung für Kinder und Jugendlich­e am LKH Hochsteier­mark, Standort Leoben.

Regelmäßig schauen

Um eine Mangelvers­orgung festzustel­len, müssten Säuglinge mittels Sauerstoff­monitor überwacht werden, das sei jedoch nicht gewünscht. „Das Bonding soll stattfinde­n, aber es muss regelmäßig von den Hebammen nach Mutter und Kind geschaut werden. Die Abstände dieses Nachschaue­ns sind allerdings nicht reglementi­ert“, weiß Kerbl. War die Geburt schwierig und die Mutter ist sehrerschö­pft,solltedasK­ind nach dem ersten Kontakt vorübergeh­end in ein eigenes Bett gelegt werden.

Die zweite Empfehlung, die von den US-Autoren diskutiert wird, besagt, dass Babys erst einen Schnuller bekommen sollen, wenn sich das Stillen eingespiel­t hat. Dies könne schon früher erfolgen, so die Wissenscha­ftler. „Es gibt zahlreiche Studien, die einen Zusammenha­ng zwischen der Verwendung eines Schnullers und einem vermindert­en SIDSRisiko zeigen. Den Schnuller direkt nach der Geburt zu verwenden, ist aber nicht notwendig, auch wenn der Schnuller in Bezug auf das Stillen nicht schadet“, betont Kerbl. Früher sei man davon ausgegange­n, dass Stillen erst nach drei bis vier Wochen gelingt, weshalb Schnuller meist auch erst später gegeben wurden. Kerbl: „Heute weiß man, dass das Stillen meist in der ersten Lebenswoch­e funktionie­rt, der Schnuller zum Einschlafe­n kann auchdavorg­egebenwerd­en.“

Zur Saugverwir­rung, die von vielen Eltern gefürchtet wird und die Stillen erschweren soll, gibt es laut Kerbl keine Belege. Frühgebore­ne bekommen den Schnuller schon sehr früh, da sie, wenn sie saugen können, besser an Gewicht zunehmen – auch wenn sie per Sonde ernährt werden.

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Grafik: Tichy /Foto: iStock / Quelle: Statistik Austria, www.sids.at
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